Kriminalstatistik veröffentlicht 112 Kinder wurden 2019 in Deutschland getötet

Berlin · Ein Großteil der Opfer war jünger als sechs Jahre: In Deutschland sind laut Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik im vergangenen Jahr 112 Kinder vorsätzlich oder fahrlässig getötet worden oder in Folge von Körperverletzung gestorben.

 Eine Handpuppe sitzt auf einer Liege in einem Untersuchungsraum in der  Kinderschutzambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover. Symbolbild.

Eine Handpuppe sitzt auf einer Liege in einem Untersuchungsraum in der Kinderschutzambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover. Symbolbild.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Das geht aus einer Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kindlichen Gewaltopfern hervor, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Die meisten Opfer, nämlich 93, waren unter 6 Jahre alt. Die Gesamtzahl ist im Vergleich zu 2018 leicht um 24 zurückgegangen.

Im Bereich Kindesmisshandlung wurden 4055 vollendete Fälle registriert (2018: 4129). Bei sexueller Gewalt gegen Kinder gab es einen Anstieg von 14 606 auf 15 936 Fälle. Die Polizei in Deutschland hat außerdem im vergangenen Jahr in 12 262 Fällen wegen kinderpornografischer Delikte ermittelt. Die Zahlen sind in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, im Vergleich zu 2016 ist das mehr als eine Verdopplung.

Die hohe Zahl bedeutet nach Angaben des Bundeskriminalamts indes nicht zwangsläufig einen Zuwachs an Vergehen. Vielmehr gebe es inzwischen deutlich mehr Hinweise, etwa von einer Organisation in den USA, die vermisste Kinder auffinden und Missbrauch aufdecken will.

Minderjährige sind in diesem Bereich allerdings nicht nur Opfer, sondern manchmal auch Täter. Immer häufiger würden Fälle bekannt, bei denen Jugendliche kinderpornografische Videos über Messenger-Dienste wie WhatsApp tauschten. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sieht „ein erhebliches Risiko“ für sexuelle Übergriffe durch andere Kinder und Jugendliche.

In der Corona-Krise gehen nach Auskunft des Bundeskriminalamts nicht mehr Hinweise auf Gewalt und Missbrauch in der Familie ein als sonst. Diese Daten seien jedoch mit äußerster Vorsicht zu interpretieren, erklärte BKA-Chef Holger Münch am Montag in Berlin. Das Dunkelfeld sei groß und die Auflagen in der Corona-Pandemie könnten dazu beitragen, dass familiäre Konflikte eskalierten.

Zugleich seien Kinder weniger im Kontakt mit Menschen wie Erziehern, Lehrern oder Kinderärzten, an die sie sich normalerweise wenden könnten, sagte Münch. Es sei möglich, dass die Corona-Auflagen zu einer Zunahme von Gewalt führten, die die Polizei derzeit aber nicht beobachten könne.

Es sei wichtig, dass die Menschen im Umfeld von Kindern trotz physischer Distanz aufmerksam blieben und sich bei einem Verdacht an die Behörden wendeten, sagte Münch.

„Auch sexueller Missbrauch ist eine Pandemie, eine Pandemie mit dramatischem Ausmaß“, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. Er sei in Sorge, dass der Kampf gegen Missbrauch und der Kinderschutz jetzt auf der politischen Prioritätenliste weiter nach unten rutschen werde. Er appelliere an Politik und Gesellschaft, den Kampf gegen sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie nicht herunterzufahren, sondern zu verstärken.

(anst/dpa)
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