Kontakt über das Internet 29-Jähriger soll Schülerin im Raum Freiburg ermordet haben

Freiburg · Eine 14-Jährige aus Baden-Württemberg verschwindet. Tagelang wird nach ihr gesucht. Ihre Leiche wird schließlich in Hessen gefunden. Es gibt einen Tatverdächtigen - und der ist bei den Behörden schon lange bekannt.

 Ein Auto fährt über eine Straße zwischen Freiburg-Waltershofen und Gottenheim. (Symbolfoto)

Ein Auto fährt über eine Straße zwischen Freiburg-Waltershofen und Gottenheim. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Entziehung Minderjähriger, sexuelle Nötigung und Mord in Verdeckungsabsicht: Im Fall einer toten Schülerin aus Baden-Württemberg haben die Ermittler einen vorbestraften 29-Jährigen aus Hessen unter Verdacht. Der Deutsche sitzt in Untersuchungshaft und ist bei den Behörden kein Unbekannter - schon als Jugendlicher fiel er wegen eines Sexualdelikts auf, ist vorbestraft, war lange in fachärztlicher Behandlung. Vor dem Rathaus der Gemeinde Gottenheim bei Freiburg, in der die 14-jährige Ayleen bis vor wenigen Tagen lebte, brennen Kerzen. Bürger haben Sonnenblumen und Rosen dazugestellt.

Der Beschuldigte schweigt. Die Ermittler verweisen am Montag aber auf deutliche Indizien: So wurden bei einer Wohnungsrazzia in der Nähe von Wetzlar Gegenstände sichergestellt, die auf die 14-Jährige hinweisen. „Es gibt einen dringenden Tatverdacht“, resümierte der Leiter der Freiburger Staatsanwaltschaft, Dieter Inhofer, mit ernster Miene. „Wir sind erst am Anfang“, fügte der Jurist mit Blick auf die Ermittlungen hinzu. „Das wird noch Wochen dauern“.

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Die Schülerin soll noch am Abend ihres Verschwindens, also am 21. Juli, im Auto des Mannes nach Hessen mitgefahren sein, sagte der leitende Kriminaldirektor Arno Englen von der Freiburger Polizei. Stieg die als schüchtern beschriebene 14-Jährige freiwillig ein, oder wurde sie gezwungen? Das ist eine der vielen offenen Fragen in dem komplizierten Kriminalfall. Auch zur genauen Fahrtstrecke liefen noch Ermittlungen, sagte Englen.

Mithilfe von Handyortung und technischer Überwachung waren die Ermittler Ende vergangener Woche auf die Leiche des Mädchens gestoßen. Sie wurde im Teufelsee im Wetteraukreis nördlich von Frankfurt am Main gefunden. Wie kam die Schülerin ums Leben? Auch darüber herrscht bisher keine Gewissheit. Da der Leichnam mehrere Tage im Wasser lag, wird die Arbeit der Rechtsmediziner erschwert. Eine erste Obduktion brachte keine endgültigen Erkenntnisse.

Ayleen und der Tatverdächtige kannten sich, hatten über Wochen hinweg Kontakt über das Internet. Die 14-Jährige war in Sozialen Netzwerken und bei einem Online-Spiel aktiv, wie zahlreiche Teenager. Die Ermittler müssen nun riesige Mengen an Datenmaterial zur Kommunikation auswerten. „Das Netz ist verführerisch“, resümierte der Leiter des hessischen Landeskriminalamts, Andreas Röhrig.

Der 29 Jahre alte Verdächtige ist den Behörden kein Unbekannter. Er kam als Jugendlicher im Jahr 2007 wegen eines versuchten Sexualdelikts in ein psychiatrisches Krankenhaus. Erst zehn Jahre später, also 2017, endete der Aufenthalt. Bis Anfang dieses Jahres war der Mann in einem Programm für rückfallgefährdete Sexualstraftäter, wie Röhrig berichtete.

Der Verdächtige bestritt zunächst die Verwürfe und schweigt nun. Die ermittelnde Freiburger Staatsanwältin Franziska Scheuble sagte, es bestehe der dringende Tatverdacht eines Sexualdelikts. Nähere Angaben könne sie aber derzeit nicht machen. Zur Persönlichkeit des Tatverdächtigen war wenig zu erfahren. Hat er einen Job, ein familiäres Umfeld? All dies blieb offen.

Ayleen hatte am 21. Juli gegen 18.00 Uhr ihr Elternhaus verlassen und wurde seitdem vermisst. Eine große Suche der Polizei auch mit Hunden und Polizeihubschrauber brachte keine Ergebnisse. Am Samstag teilte die Polizei den Tod der 14-Jährigen mit. Es habe keine Chance gegeben, das Mädchen lebend zu finden, bilanzierte der Freiburger Polizeichef Franz Semling. „Das ist bitter für alle, die alles gegeben haben, und muss erst verarbeitet werden.“

Gottenheim bleibt nur noch die Trauer. Das Entsetzen in der idyllischen Weinbaugemeinde mit knapp 3000 Einwohnern ist groß. Die Familie kann rund um die Uhr ein Betreuungsteam ansprechen. „Es ist das Schlimmste eingetreten, was überhaupt in solch einem Falle eintreten kann. Ganz Gottenheim steht unter Schock“, sagte Bürgermeister Christian Riesterer.

(albu/dpa)
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