BGH-Urteil zu Verdienstausfall Kommunen haften für fehlende Kita-Plätze

Karlsruhe · Wegweisendes Urteil für Eltern: Laut Bundesgerichtshof haben sie grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz, falls in ihrer Kommune Krippenplätze fehlen und sie deshalb nicht zur Arbeit können. Kommunen erwarten dennoch keine Klagewelle.

 Der BGH hat zum Kita-Rechtsanspruch geurteilt

Der BGH hat zum Kita-Rechtsanspruch geurteilt

Foto: dpa, jew;cse soe

Eltern, die zum Wunschtermin keinen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind bekommen und deshalb erst später arbeiten gehen können, haben grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Die verantwortliche Kommune muss dem Urteil zufolge aber nur dann zahlen, wenn sie den Mangel mitverschuldet hat.

Geklagt hatten drei Frauen aus Leipzig. Sie hatten jeweils kurz nach der Geburt ihrer Kinder bei der Stadt Bedarf an einem Kita-Platz nach einem Jahr Elternzeit angemeldet. Trotzdem gingen sie zunächst leer aus und konnten erst Monate später zurück in den Job. Ihrer Ansicht nach muss die Stadt dafür geradestehen und ihnen den entgangenen Verdienst ausgleichen — knapp 2200, rund 4500 und etwa 7300 Euro.

Das BGH-Urteil ist für die Mütter ein wichtiger Etappensieg. Die Gerichte der Vorinstanzen hatten allerdings nicht geklärt, ob die Stadt Leipzig auch schuld an den Verzögerungen war. Unverschuldet wären der Karlsruher Entscheidung zufolge zum Beispiel der Mangel an qualifiziertem Personal oder Verspätungen durch die Insolvenz einer Baufirma — nicht aber finanzielle Engpässe. Das Oberlandesgericht Dresden muss die Fälle deshalb noch einmal verhandeln. Erst dann wird es das endgültige Urteil geben. (Az. III ZR 278/15 u.a.)

Grundsätzlich eröffnet die BGH-Entscheidung aber auch anderen Eltern die Möglichkeit einer Schadenersatz-Klage. Denn Urteile der obersten Zivilrichter in Karlsruhe sind für die Rechtsprechung in ganz Deutschland maßgeblich. Seit 1. August 2013 gibt es für alle Kinder ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Kita oder bei einer Tagesmutter. Aber nicht überall standen ausreichend Plätze bereit.

Der Städte- und Gemeindebund reagiert gelassen auf das Urteil. "Aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes wird das Urteil keine Klagewelle auslösen, da der quantitative und qualitative Kita-Ausbau in den Städten und Gemeinden nach wie vor hohe Priorität genießt", sagte Gemeindebunds-Hauptgschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. "Die Eltern wollen in der Regel keine Rechtsstreitigkeiten führen sondern eine gute, qualitativ hochwertige Betreuung für ihre Kinder", sagte Landsberg anlässlich der Urteilsverkündung.

"Ob der Verdienstausfall in diesen konkreten Fällen tatsächlich als Schadensersatz zugesprochen wird, bleibt auch nach diesem Urteil offen", sagte Landsberg. "Das wird das Oberlandesgericht in Dresden zu klären haben." Dabei werde es auch darum gehen, dass die Eltern alles unternehmen müssen, um einen solchen Schadenseintritt zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel die Sicherstellung der Betreuung innerhalb der eigenen Familie oder mittels privater Betreuungskräfte.

(crwo/dpa)
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