Deutschlandweit mehr als 14.500 Fälle Polizei deckte 2020 mehr Missbrauchsfälle an Kindern auf

Berlin · Missbrauchsgefährdete Kinder scheinen nicht von der zurückgehenden Gesamtkriminalität im vergangenen Jahr profitiert zu haben – im Gegenteil: Bei den Behörden sind sogar deutlich mehr Fälle von Kindesmissbrauch aufgelaufen als noch vor einem Jahr.

 Die Zahl der Missbrauchsfälle ist gestiegen.

Die Zahl der Missbrauchsfälle ist gestiegen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Polizei hat im vergangenen Jahr trotz der Corona-Kontaktbeschränkungen mehr sexuellen Missbrauch von Kindern aufgedeckt. Und das obwohl Missbrauch, wenn er in den heimischen vier Wänden stattfand, wegen der vorübergehenden Schließung von Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen womöglich eher unentdeckt blieb - und obgleich manche Tatgelegenheiten für Fremde wegfielen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) erklärt die Zunahme um 6,8 Prozent auf 14.594 Fälle teilweise mit den über die Internet-Recherche zu Missbrauchsbildern aus den USA gemeldeten Fällen, bei denen der Tatort in Deutschland liegt. Außerdem seien nach den großen Missbrauchsverfahren in Lügde, Bergisch Gladbach und Münster die Ermittlungen intensiviert worden.

Wie die am Donnerstag in Berlin veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik 2020 zeigt, stieg die Zahl der Straftaten in Zusammenhang mit pornografischen Darstellungen von Kindern und Jugendlichen sogar um rund 54 Prozent auf 26 739 Fälle an. Dabei spielt laut BKA auch der Trend eine Rolle, dass Kinder und Jugendliche - teilweise ohne zu wissen, dass dies eine Straftat ist - solche Bilder in Gruppenchats teilen und damit verbreiten, etwa über Whatsapp, Instagram oder Snapchat.

Über alle Delikte hinweg ging die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen aber im vergangenen Jahr zurück - um 3,6 Prozent beziehungsweise 8,8 Prozent. Die Polizei vermutet, dass dies teilweise an der „eingeschränkten Möglichkeit der Freizeitgestaltung im öffentlichem Raum sowie den eingeschränkten Tatgelegenheiten im Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnamen“ liegt.

Dieser Mangel an Gelegenheit könnte auch ein Grund dafür sein, dass die Zahl der registrierten Straftaten im vergangenen Jahr insgesamt gegenüber 2019 sank - und zwar um 2,3 Prozent auf rund 5,31 Millionen Fälle. Allerdings deutet auch der Langzeittrend in die gleiche Richtung. Im Vergleich zum Jahr 2006 ging die Zahl der erfassten Straftaten laut BKA sogar um mehr als 15 Prozent zurück.

(th/dpa)
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