Hohe Lebenshaltungskosten In Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen

Berlin · Während die Geburtenziffer in Deutschland seit Beginn des Jahres deutlich unter das Niveau der Vorjahre gefallen ist, hat das Kinderhilfswerk anlässlich des Weltkindertages auf die weiterhin hohe Kinderarmut auch in Deutschland hingewiesen.

 Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand wirft einen Schatten auf eine mit bunten Handabdrücken bemalte Wand einer Kindertagesstätte (Symbolbild).

Ein Mann mit einem Kind auf dem Arm und einem an der Hand wirft einen Schatten auf eine mit bunten Handabdrücken bemalte Wand einer Kindertagesstätte (Symbolbild).

Foto: dpa/Peter Kneffel

Jedes fünfte Kind in Deutschland sei derzeit von Armut betroffen, sagte Thorsten Krause vom Kinderhilfswerk am Dienstag dem Sender Bayern 2. Es gebe sogar Kinder, die nicht genug zu Essen bekämen.

„Wir können uns das vielleicht nicht so vorstellen, wie wir es aus tragischen Bildern aus anderen Teilen der Welt kennen, so ist es nicht, aber es gibt durchaus Kinder, die Hunger leiden“, sagte Krause. Dies sei zu beobachten, „bei den Menschen, die an Tafeln um Hilfe bitten, die bei den Archen und bei anderen Sozialeinrichtungen um Unterstützung bitten“.

Viele Kinder könnten zudem aus Geldmangel weder an Klassenfahrten oder Kindergeburtstagen teilnehmen, noch mit ihren Eltern jemals in Urlaub fahren, beklagte Krause. „Wir haben mit 20 Prozent der Kinder, die davon betroffen sind mit ihren Familien, mittlerweile auch einen Anteil, bei dem man nicht mehr von einem Randphänomen sprechen kann“, gab er zu bedenken. Das Problem reiche mittlerweile bis in die Mitte der Gesellschaft hinein, die steigenden Energie und Lebenshaltungskosten könnten zu einer weiteren Dramatik führen, warnte der Verbandsvertreter.

Armut bedeute dabei für die Kinder auch, „dass ihr Zutrauen, ihr Selbstvertrauen in sich selbst schwächer ausgeprägt ist.“ Dies wirke sich auch auf Schulnoten aus sowie auf die Gesundheit der Kinder. Es sei auch unter dem Solidaritätsgedanken kritisch zu beobachten, „dass wir als reiche Industrienation nicht in der Lage sind, diesen Menschen zu helfen“.

Derweil ist die Geburtenziffer in Deutschland seit Beginn des Jahres deutlich unter das Niveau der Vorjahre gefallen. Während der Wert von 2015 bis 2021 noch zwischen 1,5 und 1,6 Kindern pro Frau pendelte, sank er zum Jahresanfang 2022 auf 1,3 bis 1,4, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Dienstag in Wiesbaden mitteilte.

Die Behörde bezog sich auf eine internationale Studie, die sie gemeinsam mit der Universtität Stockholm veröffentlichte. Dazu wurde den Angaben zufolge die sogenannte Gesamtfruchtbarkeitsrate (TFR) auf Grundlage der monatlichen Geburtenstatistik saisonbereinigt dargestellt. Daraus ergibt sich ein massiver Rückgang der TFR um über 10 Prozent gegenüber den Jahren vor der Pandemie.

Während in vielen europäischen Ländern die Fruchtbarkeitsziffer schon zu Beginn der Pandemie sank, blieb sie in Deutschland zunächst konstant, stieg sogar leicht an. Laut der neuen Studie brach die TFR im Januar 2022 jedoch auch in Deutschland auf 1,38 ein und verharrte in den folgenden drei Monaten auf diesem Niveau.

Eine wesentliche Ursache für die rückläufige Fruchtbarkeitsziffer sieht die Studie darin, dass Frauen beim Start der Impfkampagne im Frühjahr 2021 ihren Kinderwunsch zunächst zurückgestellt haben. „Es ist plausibel, dass sich manche Frauen erst impfen lassen wollten, bevor sie schwanger werden", sagte der Forschungsdirektor am BiB, Martin Bujard. „Da die Impfung zunächst für Schwangere nicht empfohlen war, wurde der Kinderwunsch oftmals aufgeschoben.“

Im Mai 2022 zeichnete sich wieder eine leichte Erholung der Geburtenziffer ab (1,48), was auf ein Ende dieses Aufschubs deuten könnte. Wie die Entwicklung in den kommenden Monaten weitergeht, ist derzeit noch unklar.

In Skandinavien, das gewöhnlicherweise höhere Fruchtbarkeitsziffern aufweist, ist laut Studie ein ähnlicher Rückgang erkennbar. “Die Corona-Pandemie hat erhebliche Effekte auf das kurzfristige Geburtenverhalten verursacht, was man auch in anderen Ländern Europas erkennen kann”, sagte Bujard.

(felt/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort