Eröffnung von neuer Zentrale in Berlin Keine Straßensperrungen für Scientology

Berlin (RPO). Am Samstag eröffnet Scientology seine neue Zentrale in Berlin. Das Verwaltungsgericht Berlin hat einen Antrag der umstrittenen Organisation abgelehnt, zu diesem Zweck eine Straße sperren zu lassen. Zu der Eröffnungsfeier werden rund 5.000 geladene Gäste erwartet. In Berlin wächst die Furcht, dass Scientology in der Hauptstadt immer mehr an Macht gewinnen könnte.

Bilder von der Scientology-Niederlassung in Berlin
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"Die Art und Weise, wie die jetzt hier an der Otto-Suhr-Allee auftreten, hat eine neue Qualität", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter am Freitag in Berlin.

Das sechstöckige Gebäude im Bezirk Charlottenburg hat rund 4000 Quadratmeter. Den Antrag Scientologys, zwischen 11 und 13 Uhr die Otto-Suhr-Allee für Autos zu sperren, lehnte das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag ab. Die Organisation hatte geplant, dort eine Bühne, Stühle sowie Kameras, Scheinwerfer und Video-Bildschirme aufzustellen. Die US-Botschaft sendet einen Vertreter zu der Feier; Boschafter William Timken wird aber nicht anwesend sein.

Die 1954 in den USA gegründete Organisation, die in Deutschland zwischen 5000 und 6000 Mitglieder hat, wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet; die Behörde sieht Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Im November 2004 hatte etwa das Kölner Verwaltungsgericht festgestellt, dass Scientology die Menschenwürde, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Recht auf Gleichbehandlung einschränken wolle. Zudem strebe Scientology eine Gesellschaft ohne allgemeine und gleiche Wahlen an.

Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) wies am Freitag Kritik von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zurück, der dem Berliner Senat vorgeworfen hatte, die Ansiedlung von Scientology durch seine "Politik der Beliebigkeit in Wertefragen" begünstigt zu haben. "Wenn alle Leute davon reden, wie gefährlich Scientology ist, dann frage ich mich, warum niemand die Konsequenzen zieht und ein Verbotsverfahren der Organisation auf Bundesebene anregt", sagte Körting der "Thüringer Allgemeinen".

Pofalla hatte die Landesregierung aufgefordert, die Organisation wieder durch den Landesverfassungsschutz beobachten zu lassen. "Es ist unerträglich, dass sich Scientology in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland breit macht", erklärte Pofalla.

Groß angelegte Expansionsstrategie

Der Sektenexperte der Deutschen Bischofskonferenz, Harald Baer, verlangte ebenfalls ein schärferes Vorgehen. Den "Ruhr Nachrichten" sagte er, die Eröffnung der Niederlassung in Berlin sei Teil einer groß angelegten Strategie von Scientology, in mehreren europäischen Hauptstädten Fuß zu fassen. Für die Organisation sei es in Berlin "eine Art Standortvorteil" gewesen, dass sie dort nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werde.

Überlegungen für ein Verbot beurteilte Baer skeptisch. Entscheidend seien Aufklärung und eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung. Baer geht davon aus, dass jeder Versuch von Scientology scheitern werde, verstärkt Einfluss auf die Politik und politische Entscheidungsträger in Deutschland zu erhalten: "Die großen Parteien haben bereits Anfang der Neunzigerjahre Unvereinbarkeitsbeschlüsse gefasst."

Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Thomas Gandow, hatte am Donnerstag festgestellt: "Scientology ist weder Kirche, noch Sekte, noch Glaubensgemeinschaft, sondern eine totalitäre Wirtschaftsunternehmung." Die Methoden fasste er im TV-Sender N24 mit den Worten zusammen: "Rufmord, Verfolgung, körperliche Gewalt gegen Gegner. Ich habe das selbst erlebt."

Scientology-Sprecher Frank Busch hatte erklärt: "Das neue Gebäude in Berlin reflektiert das internationale Wachstum von Scientology, auf das wir mit einem internationalen Programm reagiert haben, um neue Kirchenräumlichkeiten in den Hauptstädten der Welt zu etablieren." Dies sei bisher in Madrid, New York, San Francisco, Washington D.C., Dallas, Kopenhagen, Johannisburg, Melbourne und London geschehen.

(ap)
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