Kirche Katholiken stellen Zölibat in Frage

Berlin · Die Zahl der Priesterweihen in Deutschland ist auf den historischen Tiefststand von 58 gesunken. Die Laienvertretung will deshalb die Pflicht zur Ehelosigkeit lockern und auch Frauen als Diakone zulassen.

 Immer weniger junge Männer wollen sich zum Priester weihen lassen.

Immer weniger junge Männer wollen sich zum Priester weihen lassen.

Foto: Achim Pohl

Ein Vorstoß des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zugunsten verheirateter Priester und weiblicher Diakone ist in der Bundespolitik auf lebhafte Zustimmung gestoßen. "Wer von den islamischen Moscheevereinen und Verbänden verlangt, sich intern nach den Prinzipien unseres Grundgesetzes zu organisieren, darf auch bei der katholischen Kirche Veränderungen einfordern", sagte die kirchenpolitische Sprecherin der SPD, Kerstin Griese, unserer Redaktion.

ZdK-Präsident Thomas Sternberg hatte mit Blick auf den Priestermangel eine Lockerung des Zölibates, also der Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit, ins Gespräch gebracht. Die Deutsche Bischofskonferenz verzeichnete im vergangenen Jahr nur noch 58 Priesterweihen - so wenige waren es noch nie.

Viele Vakanzen im Land

Im Bistum Aachen haben derzeit 215 Diözesanpriester 329 Pfarreien zu versorgen - bei insgesamt 600 hauptamtlichen Mitarbeitern für den pastoralen Dienst. Das Bistum Trier meldet im Augenblick 15 Vakanzen bei insgesamt 173 Pfarrgemeinschaften. Im Erzbistum Köln sind 25 Priesterstellen und sechs Stellen für leitende Priester nicht besetzt. Auf stark schwankende Zahlen von Priesterweihen weist das Bistum Paderborn hin. So seien es 2010 drei, 2013 acht und im letzten Jahr vier gewesen.

Seit Jahren legen die Diözesen Pfarreien zusammen und setzen mehr ausländische Priester ein, um dem Mangel zu begegnen. "Wenn unsere Kirche Bestand haben soll in Deutschland, dann geht das nicht über XXL-Pfarreien", sagte Sternberg der "Augsburger Allgemeinen". Auf Dauer sei es auch keine Lösung, die Pfarreien mit "Import-Priestern" auszustatten.

Mit Verweis auf "sehr gute und engagierte Diakone", die verheiratet seien, fragte Sternberg, warum diese nicht zu Priestern geweiht werden. "Wenn es nicht mehr anders geht, dass wir personell in der Seelsorge ausbluten, und wenn es so ist, dass der Zölibat ein Hindernis darstellt, dann muss er, weil weniger wichtig, gelockert werden", erläuterte der Chef der Laienorganisation. Nach seiner Meinung sei es auch unproblematisch, wenn Frauen Diakone werden. "Wir unterstützen das Diakonat der Frau", unterstrich Lutz Braunöhler, der Aachener Diözesanratschef. Anderes gelte für eine Lockerung des Zölibates. "Wenn es nur vor dem Hintergrund geschieht, wieder genügend Personal zu haben, bringt uns das nicht weiter", erklärte Braunöhler. Besser wäre es, kirchenamtliche Strukturen aufzubrechen, damit sich Priester mehr ihren pastoralen Aufgaben widmen könnten.

Woelki findet Teile der Debatte unfair

Kölns Erzbischof Kardinal Woelki empfindet die Debatte um Zölibat und Frauenordination als "unfair". Bereits vor der neuen Diskussion erläuterte er: "Diese katholischen Standpunkte entspringen dem göttlichen Schöpfungswillen. Darüber können wir nicht verfügen." Der Personalchef des Bistums Münster, Hans-Bernd Köppen, verwies auf das "viel differenziertere seelsorgerische Angebot", in dem Ehrenamtliche mit ihren Begabungen stärker gefördert würden.

Für den Grünen-Kirchenexperten Volker Beck sind die Kirchen frei darin, wie sie die heiligen Schriften interpretieren. Er persönlich sehe es jedoch "mit Sympathie, wenn die Kirche sich öffnet". Für die Seelsorge sei es ein Gewinn. Die SPD-Politikerin Griese findet es ebenfalls "gut, dass das ZdK in der Frage des Zölibates eine selbstbewusste Haltung gegenüber Rom einnimmt". Zu ihrer christlichen Überzeugung gehöre, dass Kirche "einladend sein muss und niemanden ausgrenzen darf, auch nicht beim Priesteramt".

(may-)
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