Prozess zum Dresdner Juwelendiebstahl Wachleute hinderten Täter nicht an Flucht - „weil sie Angst hatten“

Dresden · Nach dem Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden sollen Wachleute laut einer Zeugenaussage die Täter nicht an der Flucht gehindert haben. Sie versuchten stattdessen, Informationen zu den Tätern zu sammeln.

 Sechs Männer stehen im Verdacht Kunstobjekte und Schmuckstücke aus dem Grünen Gewölbe des Residenzschlosses Dresden entwendet zu haben. Aktuell läuft der Prozess am Landgericht.

Sechs Männer stehen im Verdacht Kunstobjekte und Schmuckstücke aus dem Grünen Gewölbe des Residenzschlosses Dresden entwendet zu haben. Aktuell läuft der Prozess am Landgericht.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Die Mitarbeiter des Wachdienstes hätten von den Tätern nicht erkannt werden wollen und sich deshalb versteckt, sagte ein Polizist am Dienstag bei der Verhandlung am Dresdner Landgericht: „Sie hatten nicht aktiv gehandelt, um sie aufzuhalten, weil sie Angst hatten.“

Der 31 Jahre alte Polizeimeister war am 25. November 2019 gemeinsam mit einer Kollegin als erster am Tatort. Es sei ihnen zunächst darum gegangen, Informationen zu dem Fluchtfahrzeug zu bekommen, um die Täter zu ergreifen. Ein Wachmann habe ein Video von deren Abfahrt gedreht, was allerdings leider zu kurz gewesen sei. So habe man nicht feststellen können, in welche Richtung das Fluchtfahrzeug abbog. Auf dem Video sei der Wagen zudem nur schemenhaft zu erkennen gewesen.

Der dritte Prozesstag hatte am Vormittag mit der Vernehmung von zwei Zeuginnen begonnen, die am Tag des Einbruchs auf dem Weg zur Arbeit waren und an dem Schauplatz vorbeikamen. Eine 35 Jahre alte Frau - Sicherheitsmitarbeiterin der Semperoper - gab zu Protokoll, am Tatort zwei Männer und ein Auto mit offenem Kofferraum gesehen zu haben. Die Männer hätten sich in einer fremden Sprache unterhalten - sie ging von einer osteuropäischen Sprache aus. Den offenen Kofferraum habe sie trotz der Dunkelheit wahrnehmen können, weil er beleuchtet war.

Eine weitere Zeugin, Mitarbeiterin am Einlass des Sächsischen Landtages, hatte unter anderem zwei Männer an der Schinkelwache gegenüber des Grünen Gewölbes bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt sollen die Juwelendiebe den Tatort allerdings schon wieder verlassen haben. Ihr sei es unheimlich gewesen, weil der gesamte Straßenzug wegen fehlender Beleuchtung im Dunkeln lag, sagte sie. Deshalb sei sie auch in Panik geraten, als sie die beiden Männer sah. Diese hätten sich aber abgewendet und wären in entgegengesetzter Richtung weggegangen.

In dem Verfahren stehen sechs Männer im Alter zwischen 23 und 28 Jahren vor Gericht. Die Deutschen stammen aus einer bekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie und sind wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung angeklagt. Sie sollen 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro aus der Schatzkammer gestohlen und im Zuge des spektakulären Coups auch Sachschäden in Höhe von über einer Million Euro hinterlassen haben. Sie wurden bei mehreren Razzien in Berlin gefasst.

Nach den Worten des Vorsitzenden Richters Andreas Ziegel will sich die Kammer nun schnell damit befassen, wie die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen auf die Angeklagten stieß. Im Kern geht es dabei um DNA-Spuren und Spuren, die Mantrailer (Spürhunde) fanden. Das Gericht will dabei auch einen Chemiker als Sachverständigen hören, der darüber Auskunft geben soll, inwieweit Spürhunde Geruchsmoleküle auch nach längerer Zeit wahrnehmen können. Am 22. März will das Gericht Michael John, Leiter Bau, Technik, Sicherheit bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, verhören.

(lha/dpa)
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