Neue Armutsdebatte entzweit Koalition Jedes siebte Kind in Deutschland ist arm

Saarbrücken · In Deutschland ist eine neue Armutsdebatte entbrannt. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge wächst jedes siebte Kind in Deutschland in ärmlichen Verhältnissen auf. Zudem droht neuer Krach in der Koalition. Röslers Wirtschaftsministerium stellt sich bei von der Leyens Armutsbericht quer.

2011: Fünf Fakten zur Kinderarmut in Deutschland
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Foto: ddp

Die Zahlen sind alarmierend: Jedes siebte Kind in Deutschland wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Das geht aus den aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor. Demnach sind derzeit 1,63 Millionen Kinder unter 15 Jahren auf Hartz IV angewiesen. Das sind 14,9 Prozent aller Kinder in Deutschland.

Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede. In Bayern sind nur 6,8 Prozent der unter 15-jährigen betroffen, in Berlin dagegen 34,5 Prozent. Seit 2005, dem Jahr der Einführung von Hartz IV, habe sich die Zahl der betroffenen Kinder damit um gut 81.000 verringert.

Kein Rückgang der Hilfebedürftigkeit

Daraus könne aber nicht auf einen allgemeinen Rückgang der Hilfebedürftigkeit von Kindern geschlossen werden, sagte die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, der "Saarbrücker Zeitung". Denn parallel dazu sei die Zahl der Bezieher des sogenannten Kinderzuschlags enorm gestiegen.

Während es Ende 2005 nur knapp 41.000 Kinder gegeben habe, deren Eltern den Kinderzuschlag bezogen hätten, seien es im August 2012 mehr als 210.000 gewesen.

Der Kinderzuschlag ist für Haushalte gedacht, in denen die Eltern ihren Bedarf durch eigenes Einkommen abdecken können, aber wegen des Bedarfs ihrer Kinder Anspruch auf Hartz IV hätten.

Krach in der Koalition

Der aktuelle Berichtsentwurf sei "nicht ressortabgestimmt" und entspreche daher "auch nicht der Meinung der Bundesregierung", zitierte das "Handelsblatt" aus Düsseldorf am Donnerstag aus einem internen Papier des Ministeriums von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Von der Leyen hatte ihren Entwurf zu Wochenbeginn zur Abstimmung an die Ressorts verschickt.

Keine höheren Steuern

Röslers Ministerium wehrt sich der Zeitung zufolge dagegen, mit im Entwurf enthaltenen Daten über eine ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung neue Staatseingriffe zu rechtfertigen. "Forderungen nach noch mehr Umverteilung sind für das Bundeswirtschaftsministerium nicht zustimmungsfähig", hieß es demnach in der Stellungnahme.

"Vor allem Forderungen nach höheren Steuern für die, die den Sozialstaat finanzieren", lehne das Ministerium "entschieden ab". Laut dem Entwurf soll geprüft werden, ob und wie über bisherige Steuern hinaus privater Reichtum für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann.

(APD/afp/rpo)
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