Studie der Linkspartei Jeder vierte Ostdeutsche verklärt die DDR

Berlin (RPO). 20 Jahre nach der Wiedervereinigung zählt ein Viertel der Ostdeutschen zu den "Ostalgikern", die die DDR verklären. Das geht aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie im Auftrag der Linkspartei hervor.

DDR-Relikte in Berlin
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Demnach haben 25 Prozent der Erwachsenen im Osten ein "einseitig positives DDR-Bild", das von sozialen Leistungen des Sozialismus geprägt ist wie Vollbeschäftigung, Chancengleichheit der Frau, Wohlfühlen im Arbeitskollektiv und Betriebsferienheimen.

Auch preiswerte Lebensmittel und die Friedenspolitik werden positiv ins DDR-Bild aufgenommen. Weitgehend ausgeblendet werden dagegen von den "Ostalgikern" der Studie zufolge negative Faktoren wie der Verfall der Städte, Versorgungsmängel, technischer Rückstand, Reisebeschränkungen, staatliche Bevormundung, Schießbefehl und Bespitzelung.

15 Prozent mit negativem Bild

Den Verklärern stehen 15 Prozent der Ostdeutschen gegenüber, die ein "überwiegend negatives" DDR-Bild haben, wie die Studie des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums Berlin-Brandenburg weiter ergab. Bei 28 Prozent ist die Rückschau "ausgewogen".

Ein knappes Drittel (31 Prozent) sind in Bezug auf die Vergangenheit nach den Worten der Studienautoren "desinteressiert" oder "fremdorientiert". Hierzu zählen überwiegend junge Männer und Frauen, die die DDR nur noch als Kleinkinder oder aus den Erzählungen der Eltern kennen.

Gegen eine Gleichsetzung der DDR als Diktatur mit dem Nationalsozialismus wehren sich rund drei Viertel der Bürger in den neuen Ländern: 10 Prozent sind der Ansicht, dass die DDR gar keine Diktatur war. Weitere 64 Prozent erkennen dies an, lehnen aber eine Gleichsetzung ab, weil die DDR keinen Krieg angezettelt und keinen Völkermord begangen habe. Lediglich 19 Prozent halten eine Gleichsetzung für gerechtfertigt.

Tief verwurzelt ist im Osten offenbar noch immer das Gefühl, vom Westen im Zuge der Wende übervorteilt worden zu sein. So verbinden fast neun von zehn Ostdeutschen die Treuhandanstalt mit der Aussage, diese habe vor allem Westdeutschen einen billigen Zugang zu DDR-Betrieben und deren Grund und Boden ermöglicht. Zwei Drittel vertreten die Ansicht, dass die Treuhandanstalt eine der ersten "Heuschrecken" war - nur am schnellen Geld durch Kauf und Verkauf orientiert. 57 Prozent der befragten Ostdeutschen stimmten der Aussage zu: "Gerechtigkeit und Kapitalismus schließen sich aus." 25 Prozent lehnten sich ab.

Das sozialwissenschaftliche Institut befragte für die Untersuchung im März/April 2010 insgesamt 1059 volljährige Bürger der neuen Bundesländer und Ost-Berlins.

(DDP/felt)
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