Mutmaßlicher Doppelmörder von Bodenfelde Jan O. drohte Inhaftierung

Uslar (RPO). Dem mutmaßlichen Doppelmörder von Bodenfelde drohte laut einem Pressebericht wegen eines Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen eine Inhaftierung. Unmittelbar nach dem Mord an der 14-jährigen Nina hatte Jan O. im Internet mit seiner Tat geprahlt.

 Der Angeklagte Jan O. (rechts) prahlte mit seiner grausamen Bluttat im Internet.

Der Angeklagte Jan O. (rechts) prahlte mit seiner grausamen Bluttat im Internet.

Foto: dapd

Nach Angaben der Zeitung "Die Welt" versäumte der Tatverdächtige Jan O. im Oktober eine medizinische Kontrolle und wurde deshalb ermahnt. Als er Anfang November fahrlässige Brandstiftung begangen habe, sei er vorläufig festgenommen worden. "Da wurde der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung schon eingeleitet", zitiert das Blatt aus Justizkreisen.

Der Leiter der christlichen Therapieeinrichtung "Neues Land", in der Jan O. untergebracht war, sagte der Zeitung, es habe "keine Anhaltspunkte auf eine tiefe Persönlichkeitsstörung" gegeben. Er habe den Vorbestraften als motiviert kennen gelernt, als er nach Bodenfelde kam, sagte Einrichtungslager Eberhard Ruß. Die Therapeuten beschreiben ihn demnach als "unsicheren" Menschen, der innerlich noch ein Teenager gewesen sei. "Seine Kritikfähigkeit war nicht so ausgeprägt. Er fühlte sich bei Kritik schnell unterlegen und konterte", erinnert sich Ruß.

Jan O. prahlte im Internet mit dem Mord

Am Donnerstag wurde auch bekannt, dass Jan O. im Internet mit dem Mord an der 14-jährigen Nina prahlte. Auf einer Internetseite habe es einen direkten Bezug zu der ersten Tat in der niedersächsischen Kleinstadt gegeben, sagte ein Polizeisprecher.

Da es sich dabei um ein Beweismittel handle, habe die Polizei die Seite sofort sperren lassen, so die Behörden am Donnerstag auf dapd-Anfrage. Laut "Hannoversche Allgemeine Zeitung" schrieb der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzende junge Mann: "Gestern Mädchen geschlachtet. Jeden Tag eins bis mich erwischen." In anderen Seiten auf sozialen Netzwerken, welche inzwischen auch gesperrt wurden, suchte der 26-Jährige gezielt den Kontakt mit jungen Mädchen.

Die Polizei prüft derzeit, ob Jan O. möglicherweise auch für andere Taten in der Region verantwortlich ist. Die Staatsanwaltschaft lässt zudem klären, ob der Mann aus Uslar psychisch krank ist. Er soll die beiden Jugendlichen auf brutale Weise getötet zu haben. Polizei und Staatsanwaltschaft warten derzeit auf ein Geständnis des Beschuldigten, dass vermutlich am Freitag erfolgen wird.

Jan O. suchte "Girlies zwischen zehn und 16 Jahren"

Bereits Anfang vergangener Woche soll der 26-Jährige die 14-jährige Nina getötet haben. Sechs Tage später starb auch Tobias (13). Über Internetrecherchen ergab sich dann ein Tatverdacht gegen den Mann aus Uslar. "Wir sind absolut sicher, dass wir die richtige Person haben", sagte Hartmut Reinecke.

Auch in sozialen Netzwerken im Internet hatte der 26-Jährige immer wieder versucht, Mädchen zu kontaktieren. In Einträgen auf seinen Profilseiten suchte er Mädchen zwischen zehn und 16 Jahren, die Interesse haben "zu chatten und vielleicht mehr". Außerdem fragte er bereits am 15. Juni 2009: "welches girly will mehr als nur quatschen." Als Wohnort gab der 26-Jährige "Weltstadt Uslar" an, als Beruf "Rentner" und als Lieblingsstatus "Single".

Wie am Donnerstag bekannt wurde, soll der der mutmaßliche Doppelmörder nach dem Mord an Tobias die Kirche besucht haben. Nach Angaben von "Bild.de" besuchte der 26-jährige am Sonntagmorgen einen Gottesdienst und betete. Der Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Uslar, Hajo Rebers, sagte wollte das gegenüber einer der Nachrichtenagentur dapd nicht kommentieren.

Vater mit seinem Sohn "nicht fertig geworden"

Der Vater von Jan O. reagiert erschüttert auf die mutmaßliche Täterschaft seines Sohnes. "Ja, ich kann mir vorstellen, dass es Jan war", sagt er der Onlineausgabe der in Uelzen erscheinenden "Allgemeinen Zeitung". Er habe in der Vergangenheit alles versucht, sei aber mit seinem Sohn "nicht fertig geworden". Schon in der zweiten Klasse habe dieser Mitschüler tätlich angegriffen. Vor allem mit dem Alkoholkonsum sei es "schlimm" gewesen. Als er ihn vor die Wahl gestellt habe, eine Therapie zu machen oder den Kontakt abzubrechen, habe der Sohn gedroht, "mir das Haus anzuzünden", sagt der Vater dem Blatt.

Die Mutter von Jan O. zeichnete ein anderes Bild vom Familienleben. Sie sieht ihren Sohn auch als Opfer. "Ich will seine Taten nicht entschuldigen, aber mein Sohn ist auch ein Opfer", sagte sie der "Allgemeinen Zeitung". In ihrer Ehe sei Gewalt Alltag gewesen, schilderte die 46-jährige. Der Vater von Jan O. habe sie immer wieder vor den Augen des Sohnes geschlagen.

In dem Interview sagt die Mutter auch, dass sie hoffe, dass die beiden Opfer die einzigen Opfer ihres Sohnes seien. Sie wolle ihren Sohn auch in der Haft besuchen und zu ihm stehen. "Ich hasse ihn nicht", sagte die Frau. Nach eigenen Angaben befindet sich die 46-Jährige in psychiatrischer Behandlung.

Förderschule und ohne Beruf

Jan O. wurde im September 1984 in Uelzen geboren. Dort besuchte er die Grundschule, die Orientierungsstufe und danach eine Förderschule. Diese verließ er ohne Abschluss. Schon als Jugendlicher kam er mit dem Gesetz in Konflikt. Er wurde wegen Diebstählen, Sachbeschädigung und wegen Handels mit geringen Mengen von Betäubungsmitteln verurteilt. Wegen Gewalttaten stand der mutmaßliche Doppelmörder bislang aber noch nicht vor Gericht.

Einen Beruf hat Jan O. nach den bei der Justiz geführten Akten nie gelernt. Nach seiner Schulzeit war er immer wieder arbeitslos. Der heute 26-Jährige wurde im Oktober 2007 vom Landgericht Lüneburg zu zwei Jahren und neun Monaten Haft wegen zahlreicher schwerer Diebstähle verurteilt. Zuvor legte er gegen ein im März 2007 vom Amtsgericht Uelzen verhängtes Urteil Berufung ein.

26-Jährige hatte "Reifeverzögerung"

Die christliche Therapieeinrichtung "Neues Land" im Dorf Amelith, in der Jan O. ein Jahr lang lebte, ist in einer ehemaligen Pension untergebracht. "Er hatte schon den Willen aus den Drogen auszusteigen", erinnert sich der Leiter der Einrichtung, Eberhard Ruß. Allerdings sei Jan O. mit schwieriger Vergangenheit nach Amelith gekommen. Mental sei der damals 24-Jährige noch auf dem Niveau eines Jugendlichen gewesen. Ruß attestiert ihm eine "Reifeverzögerung".

Nach der Verurteilung in zweiter Instanz wurde der junge Mann für zwei Jahre zur geschlossenen Suchttherapie in ein Landeskrankenhaus bei Zeven in Westniedersachsen eingewiesen. Er galt als abhängig von Alkohol, Tabletten und Cannabis. Gelegentlich soll er auch harte Drogen konsumiert haben. Bei der Entlassung aus der geschlossenen Anstalt sei die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden, hieß es weiter. Als Bewährungsauflage habe er die weitere offene Therapie in Amelith im Solling machen müssen.

In der Therapie hat Jan O. clean gelebt. Letztlich sei er aber nur von den illegalen Drogen, nicht aber vom Alkohol losgekommen, sagt Ruß. "Die Droge Alkohol wird in unserer Gesellschaft leider sehr bagatellisiert", sagt er. In der Therapie habe Jan O. gut mitgearbeitet. Weitergehende Unterstützung nach seiner Entlassung habe er jedoch nicht erhalten.

(dapd/DDP/top)
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