UN-Studie Jährlich werden mehr als 50.000 Kinder ermordet
Berlin (RPO). Rund 53.000 Kinder und Jugendliche wurden weltweit im Jahr 2002 ermordet. Das geht aus der ersten UN-Studie zu Gewalt gegen Kinder hervor, die das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Freitag in Berlin vorstellte. Demnach ist Gewalt gegen Kinder ist in vielen Ländern an der Tagesordnung: In 31 Staaten sind immer noch körperliche Strafen vom Auspeitschen bis zu Amputationen erlaubt.
Jährlich werden demnach mehr als 220 Millionen Mädchen und Jungen unter 18 Jahren sexuell missbraucht oder zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Die meisten Gewalttaten finden der Untersuchung zufolge im Verborgenen statt, beispielsweise in Familie, Schule und Heimen. Als Reaktion auf die Zahlen wird in der UN-Studie unter anderem ein gesetzliches Verbot jeglicher Gewalt gegen Kinder und eine bessere Überwachung entsprechender Vorschriften gefordert.
Das tatsächliche Ausmaß der Gewalttaten an Kindern und Jugendlichen werde noch immer verdrängt, warnen die Autoren der Untersuchung. Lediglich in 102 von mehr als 200 Staaten sind demnach körperliche Disziplinierungsmaßnagmen in Schulen verboten. Zugleich werde die Einhaltung gesetzlicher Verbote nur unzureichend kontrolliert. So ging in den Industriestaaten zwar die Zahl der Todesfälle durch Misshandlung und Vernachlässigung in den vergangenen Jahrzehnten zurück. Doch immer noch sterben der Studie zufolge an Schlägen und fehlender Fürsorge allein in Deutschland und Großbritannien zwei Kinder pro Woche. In Frankreich sind es drei Kinder, in Japan vier, in den USA sogar 27.
Nach Erkenntnissen der UN-Forscher sind zudem weltweit mehr als eine Million Kinder in Gefängnissen eingesperrt - weil sie von zu Hause weggelaufen sind oder wegen Bettelns und kleinerer Diebstähle. Gerade in ärmeren Ländern herrschten in den Gefängnissen oft katastrophale hygienische Bedingungen. Außerdem hätten die Heranwachsenden meist keine Möglichkeit, sich zu beschweren; dabei würden viele monate- oder gar jahrelang ohne Anklage festgehalten. Die Studie verweist auch auf das ungelöste Problem der Kinderarbeit: Weltweit arbeiten demnach rund 218 Millionen Kinder unter 15 Jahren, um das Überleben ihrer Familien zu sichern.
Der Leiter der UN-Studie, Paulo Sergio Pinheiro, wies den Regierungen die Hauptverantwortung für den Schutz der Kinder zu. "Es gilt, ein starkes, unmissverständliches Signal zu setzen, dass die Gesellschaft Gewalt gegen Kinder nicht akzeptiert", forderte Pinheiro bei der Vorstellung der Untersuchung in Berlin. Für die Ächtung jeglicher Gewalt gegen Kinder plädierte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Dietrich Garlichs: "Schläge und Misshandlungen beeinträchtigen die gesamte Entwicklung und ziehen eigenes gewalttätiges Verhalten nach sich - gegenüber Gleichaltrigen oder später als Erwachsener gegenüber den eigenen Kindern."