Interview mit Jessica Schwarz "Man hätte sein Leben eventuell retten können"

Düsseldorf · Innerhalb kurzer Zeit verlor Jessica Schwarz zwei wichtige Menschen in ihrem Leben: Zuerst starb eine Freundin, dann ihr Vater. Im Interview spricht die Schauspielerin nun über Liebe, Tod und verpasste Gelegenheiten.

 Schauspielerin Jessica Schwarz (Archiv).

Schauspielerin Jessica Schwarz (Archiv).

Foto: dpa

In Ihrem neuen Film "Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner" gibt es einen Zeitsprung von fünf Jahren. Mögen Sie diese Art des Geschichtenerzählens?

Jessica Schwarz Für romantische Komödien habe ich mich lange nicht interessiert, aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr mochte ich es. Auch der Film "Jesus liebt mich" war eine Art von Komödie, die nicht von dieser Welt ist. Viele gehen aber gerade deshalb gerne ins Kino: Um Dinge zu erleben, die sonst nicht um sie herum passieren, um Filme zu sehen, die Fragen aufwerfen: Was wäre wenn? Das gibt einer romantischen Komödie auch Tiefe. Und der Film setzt sich mit Problemen auseinander, die tatsächlich aktuell sind und die viele von uns etwas angehen.

Gab es schon erste Reaktionen darauf?

Schwarz Bei der Erstaufführung habe ich tolle Sachen erlebt. Vor mir saß ein Paar, das sich nach der Vorstellung in die Arme fiel und sich so richtig innig küsste. Und ich dachte nur so: Ist das schön. Das hat mir direkt Tränen in die Augen getrieben. Der Film kann Leuten vor Augen führen, was sie wirklich Tolles im Leben haben und was Liebe eigentlich bedeutet.

Würden Sie selbst gerne fünf Jahre in die Vergangenheit reisen?

Schwarz Ja, derzeit schon. Denn ich habe in den letzten zwei Jahren leider zwei sehr wichtige Menschen verloren und weiß, dass man auf jeden Fall etwas hätte anders machen können. Mein Vater ist im Januar kurz nach der Diagnose an Darmkrebs gestorben. Hätte er eine Darmspiegelung frühzeitig machen lassen — vor fünf, vielleicht vor vier Jahren — hätte man sein Leben eventuell noch retten können. Ich kann jedem nur ans Herz legen: Wer Eltern hat, die über 50 Jahre alt sind, sollte sie zur Darmspiegelung schicken.

Und der zweite Mensch?

Schwarz Eine sehr enge Freundin von mir ist vor einem Jahr an einem Gehirntumor gestorben, und ich hatte ihren Wunsch respektiert, dass sie wegen ihres Zustandes niemanden mehr sehen wollte. Mittlerweile ärgere ich mich, dass ich nicht doch noch einmal zu ihr gefahren bin, an die Tür geklopft und sie in den Arm genommen habe. Das würde ich gerne wieder gutmachen, diese Chance würde ich gerne noch einmal bekommen.

Zurück zum Film. Ihre Figur steht zwischen zwei Männern, am Ende ist aber klar, wer der Richtige für sie ist. Gibt es denn die eine Person für jeden Menschen, die eine große Liebe?

Schwarz Ich glaube schon, dass es schicksalhafte Begegnungen gibt, man diese dann aber auch zu Schicksal werden lassen muss. Ich bin da etwas hin- und hergerissen und glaube, dass ich noch bis zum Ende meines Lebens darüber nachdenken werde. Generell sollte man sowieso nicht denken, dass man alles geschenkt bekommt und es dann so einfach behalten kann. Man muss schon etwas daraus machen und es zu würdigen wissen.

Beziehungen sind nicht einfach. Man muss sich aufeinander einstellen, Kompromisse schließen, langweilig soll es auch nicht werden. Haben Sie ein Rezept für eine gute Beziehung?

Schwarz Ich habe es gern harmonisch, aber auch dafür muss man etwas tun. Und natürlich kann es immer zu Streitigkeiten kommen. Man sollte aber eine gehörige Portion Respekt füreinander haben. Es muss Vertrauen da sein, man muss den anderen auch sein lassen können, ihm Raum schaffen. Bei mir und meinem Freund ist das zum Glück gegeben, auch weil wir oft in unterschiedlichen Städten arbeiten, uns dann länger nicht sehen. So kann man sich auch oft vermissen und sich immer wieder gegenseitig überraschen.

Und auf lange Sicht?

Schwarz Gegen Muster, die immer wieder aufkommen, sollte man ankämpfen. Denn in einer Langzeitbeziehung sind diese unvermeidbar, und man muss sie verstehen lernen und brechen können. Das kann man schaffen, indem man sich viel mit dem Partner unterhält, Literatur darüber liest oder sich mit einem Dritten darüber austauscht. Außerdem sollte man sich immer wieder darauf besinnen, wieso man eigentlich zusammengekommen ist und wieso man diesen Menschen so liebt.

Ich habe gelesen, dass Ihre Freunde gerade die Hochzeit für Sie und Ihren Freund für September planen ...

Schwarz Das war ein Scherz von mir. Niemand lässt doch seine Freunde die eigene Hochzeit planen. Und dann auch noch so kurzfristig. Ich habe allein schon ein halbes Jahr dafür gebraucht zu entscheiden, wie ich meinen 40. Geburtstag feiere. Bei meiner Hochzeit bräuchte ich wahrscheinlich zwei Jahre. Es steht also definitiv keine Hochzeit an.

Anfang Mai sind Sie 40 geworden. Wie erleben Sie das Älterwerden?

Schwarz Wenn man Schicksalsschläge erlebt, wird einem bewusst, dass die Zeit endlich ist und man versuchen sollte, die Zeit, die man hat, sinnvoll zu nutzen, viel auf seine Liebsten achtzugeben. Man sollte Zeit mit den Menschen verbringen, die einen schätzen und die man selbst schätzt. Denn das ist unwiederbringliche Zeit - das ist ein Geschenk. Und ich bin sehr froh, dass wir als Familie so viel gemeinsam erleben konnten. Auf diese Zeit zwischen 40 und 50 Jahren freue ich mich jetzt, ich glaube, es ist ein spezielles Jahrzehnt. Ich freue mich darauf zu sehen, was diese Zeit mit mir macht. Ich bin gespannt.

Wie ist das bei Rollen? Merken Sie Unterschiede bei den Angeboten?

Schwarz Ja, aber das ist schon länger so, Mütter zum Beispiel habe ich schon oft gespielt. Aber natürlich ändern sich die Rollenangebote allgemein. Ich drehe weniger in Bars oder Diskotheken. Eher am Arbeitsplatz oder eben in der Rolle der Mutter. Auch die Problematiken generell verändern sich.

Gibt es neue Projekte, die anstehen?

Schwarz In dem Studentenfilm "Einmal bitte alles", der ins Kino kommt, habe ich eine Sprecherrolle übernommen. Zudem habe ich einen ZDF-Krimi mit Lars Becker gedreht. Aufgrund der Vorkommnisse des letzten halben Jahres habe ich mich aber etwas zurückgezogen, Zeit mit meiner Familie verbracht.

Saskia Nothofer führte das Gespräch.

(sno)
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