Bildung Immer mehr Eltern wählen private Schulen

Berlin (RP). Deutsche Schulen haben den Ruf, dass sie die Schüler sowohl am unteren wie auch am oberen Ende des Leistungsspektrums nicht genügend fördern. Eltern, die sich individuelle Lehrangebote für ihre Kinder wünschen, entscheiden sich immer häufiger für eine Privatschule.

Privat die Schulbank drücken und Vorteile nutzen
16 Bilder

Privat die Schulbank drücken und Vorteile nutzen

16 Bilder

Der Zulauf für die privaten Lehreinrichtungen ist seit 20 Jahren kontinuierlich gestiegen. Wie eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW zeigt, die heute veröffentlichst werden soll, entscheidet vor allem der soziale Stand der Eltern über den Besuch einer Privatschule. Allerdings ist die Privatschule, anders als ihr Ruf, nicht eine elitäre Einrichtung. sie ist vor allem für die gebildete Mittelschicht attraktiv.

Neben dem Bildungsstand spielen auch andere Lebensverhältnisse der Eltern eine wichtige Rolle. So besuchen Kinder älterer Mütter und Väter häufiger eine private Einrichtung als Kinder junger Eltern. In großen Städten gibt es mehr Privatschüler als auf dem Land. Bei Eltern, denen mehr als 150 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung steht, geht jedes neunte Kind auf eine Privatschule. Bei Müttern und Vätern mit weniger als 75 Prozent des Durchschnittseinkommens besucht jedes 15. Kind eine private Bildungsstätte.

Kinder berufstätiger Mütter haben den staatlichen Schulen häufiger den Rücken gekehrt als der Nachwuchs von Hausfrauen. Jungs werden seltener zur Privatschule geschickt: Nur 6,9 Prozent der Knaben, aber 8,6 Prozent der Mädchen werden nicht mehr staatlich beschult.

Nordrhein-Westfalen liegt im Bundesdurchschnitt, was die Zahl der Privatschüler angeht. In NRW wird bei den Privatschulen zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen unterschieden. Ersatzschulen sind staatlich anerkannte Privatschulen. Dazu zählen beispielsweise die konfessionellen Bildungseinrichtungen und Waldorfschulen. Die beruflichen Schulen nicht eingerechnet, gibt es landesweit 338 Ersatzschulen mit insgesamt 166 602 Schülern. Die staatlich anerkannten privaten Einrichtungen werden zu 94 Prozent staatlich finanziert. Die Schulen dürfen zwar kein Schuldgeld erheben, doch oft existieren Fördervereine, über die die Eltern den fehlenden Finanzbedarf der Schule ihrer Wahl decken.

Auch in anderen Bundesländern, in denen Schulgeld erhoben werden darf, fällt der Elternbeitrag moderat aus. In den meisten Fällen ist er nach Einkommen gestaffelt und beträgt zwischen 30 und 200 Euro pro Monat. Höhere Summen dürfen die staatlich anerkannten Privatschulen nicht einfordern. Denn in Deutschland gilt das sogenannte "Sonderungsverbot", wonach Schulen die Kinder nicht nach dem Wohlstand der Eltern auswählen dürfen.

Neben den staatlich anerkannten Privatschulen existieren in NRW Ergänzungsschulen, die von freien Trägern betrieben werden und keine staatliche Unterstützung erhalten. Anders als die staatlich anerkannten Privatschulen können sie Schulgeld erheben. Doch damit ihre Schüler auch die deutsche Schulpflicht erfüllen, benötigen sie wiederum eine Anerkennung als Ergänzungssschule. Wer eine solche Ergänzungsschule mit Abitur oder Realschulabschluss verlassen möchte, muss sich einer externen, staatlichen Prüfung unterziehen. Zu den Ergänzungsschulen zählt beispielsweise das Lycée Francais in Düsseldorf, an dem nach französischem System unterrichtet wird und an dem französische Schulabschlüsse vergeben werden.

NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sieht die Privatschulen als Bereicherung. Sie leisteten wertvolle Bildungs- und Erziehungsarbeit. "Wir wollen eine bunte und vielfältige Schullandschaft", sagte Sommer unserer Zeitung.

Bildungsexperten bereitet allerdings Sorge, dass vor allem Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern in den Genuss der besonderen Förderung der Privatschulen kommen. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren noch deutlich verschärft. Katharina Spieß vom Wirtschaftsforschungsinstitut DIW verweist zudem auf die Schulstudie Pisa, wonach es ohnehin einen "hohen Zusammenhang" zwischen Schulerfolg und und Bildungsstand der Eltern gibt.

Ihrer Ansicht nach sollten sich die staatlichen Schulen um mehr Attraktivität bemühen. "Zugleich wäre es sinnvoll, wenn Privatschulen auch in bildungsfernen Schichten für sich werben würden", sagt Spieß. Ein Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen hält dagegen: "Die meisten Privatschulen haben so viele Anfragen, dass sie nicht alle Wünsche erfüllen können. Es macht keinen Sinn, dass sie zusätzlich für sich werben." Zu dem Vorwurf, dass sich Kinder aus gut gebildeten Elternhäusern im Vorteil befinden, sagt der Sprecher: "Die Privatschulen machen nur acht Prozent des System aus. Wir sind weit davon entfernt, die Spaltung des Systems herbeiführen zu können."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort