Amokläufer kündigte seine Tat im Internet an "Ich werde mal so richtig gepflegt grillen"

Winnenden (RPO). Der Amoklauf von Winnenden sorgt für Entsetzen und Ratlosigkeit. Jetzt hat die Polizei erste Details zu einem möglichen Motiv des 17-jährigen Tim K. veröffentlicht. Der Amokläufer von Winnenden hat seine Tat wenige Stunden vorher im Internet angekündigt.

 Bei der Pressekonferenz der Polizei wurde ein Screenshot des Chat-Rooms gezeigt, der inzwischen offline ist.

Bei der Pressekonferenz der Polizei wurde ein Screenshot des Chat-Rooms gezeigt, der inzwischen offline ist.

Foto: ddp, ddp

In der Nacht zum Mittwoch schrieb der 17-jährige Tim K. offenbar einem gleichaltrigen Chatpartner aus Bayern: "Scheiße Bernd, es reicht mir, ich habe dieses Lotterleben satt, immer dasselbe, alle lachen mich aus, niemand erkennt mein Potenzial. Ich meine es ernst, ich habe Waffen hier, ich werde morgen früh an meine frühere Schule gehen und mal so richtig gepflegt grillen. Vielleicht komme ich ja auch davon. Ihr werdet morgen von mir hören, merkt euch nur den Namen des Ortes: Winnenden. Und jetzt keine Meldung an die Polizei, keine Angst, ich trolle nur. "

Laut Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) meldete sich der Vater des 17-Jährigen aus Bayern am Mittwochabend bei der Polizei und berichtete vom Internetchat seines Sohnes, der die Ankündigung nicht ernst genommen habe. Nach der Medienberichterstattung habe er sich dann an seinen Vater gewandt. In den Chatroom sei der Beitrag um 02.45 Uhr eingestellt worden. Der Chatpartner habe die Ankündigung nicht ernst genommmen, sagte Innenminister Rech weiter. Dann habe er LOL (Laughing out loud - Chatzeichen für Lachen) daruntergeschrieben.

Tim K. sei von Bekannten als zurückhaltender, stiller und "durchaus freundlicher Mensch" beschrieben worden, so Rech. Aus einer in seinem Zimmer gefundenen Bescheinigung der Bundeswehr zur Wehrdienstfähigkeit sei hervorgegangen, dass der 17-Jährige seit 2008 wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung war. Er sei zunächst stationär behandelt worden und habe dann seine Behandlung ambulant fortsetzen sollen. Das habe er aber nicht getan.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Siegfried Mahler, sagte, der 17-Jährige habe zuletzt ein Berufskolleg besucht zur Vorbereitung auf einen kaufmännischen Beruf. Auf seinem Computer seien Pornobilder gefunden worden. Er habe sich zudem mit Gewaltspielen beschäftigt. Bei Tim K. habe es keine Hinweise auf eine Amoktat gegeben.

Gegen den Vater wurde bislang kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Man habe ihn nur als Zeugen vernommen. Bislang hatten Medien berichtet, dass der Sportschütze gegen das Waffengesetz verstoßen habe. Tim K. hatte die Pistole, eine Neun-Millimeter-Beretta, offenbar aus dem Schlafzimmer seines Vaters entwendet.

Hans-Dieter Wagner, Leitender Polizeidirektor von Esslingen, bestätigte, dass Tim K. sich selbst gerichtet habe. Er habe sich mit seiner eigenen Waffe erschossen. Der Vater sei als Mitglied eines Schützenvereins im legalen Besitz von 15 Schusswaffen gewesen, wovon sich 14 in einem Tresor und eine weitere im Schlafzimmer befunden hätten. Der Vater habe zudem etwa 6.400 Schuss Munition besessen. Diese befand sich nach neuesten Erkenntnissen in einem verschlossenen Waffenschrank. Möglicherweise sei Tim K. aber an die achtstellige Zahlenkombination zum Öffnen des Schranks gelangt, hieß es.

Tim K. selbst sei nicht Mitglied in dem Schützenverein gewesen, habe dort aber als "Gastschütze" gelegentlich Schießübungen gemacht. Während seiner Tat habe der Täter eine Anzahl von Patronen im zweistelligen Bereich bei sich getragen. Der Täter habe bei seinem Amoklauf 112 Schüsse abgegeben, darunter 44 in der Schule, hieß es. Zudem habe er noch weitere 130 Schuss Munition bei sich gehabt.

Erstmals ging die Polizei auf den letzten Schusswechsel im Industriegebiet ein: Tim K. sei dort in ein Autohaus gestürmt und habe die Herausgabe eines Fahrzeugs gefordert. Nachdem man seiner Forderung nicht folgte, eröffnete der 17-Jährige das Feuer auf einen Verkäufer und einen Kunden. Hier feuerte er mindestens 13 Schüsse ab.

Nach einem Magazinwechsel des Täters gelang zwei weiteren Personen die Flucht durch einen Hinterausgang. Tim K. flüchtete selbst durch den Vordereingang. Vor dem Autohaus kam es schließlich zu einem Schusswechsel zwischen K. und Polizeibeamten. Dabei wurde der Täter zweimal an den Beinen getroffen.

Tim K. sei dann erneut ins Autohaus zurückgekehrt und habe durch die Glasscheibe auf den ankommenden Streifenwagen geschossen. Zur finalen Schießerei kam es schließlich auf dem Firmenhof: Tim K. habe zwei Beamte schwer verletzt, auf Mitarbeiter einer angrenzenden Firma geschossen und im Anschluss habe er die Waffe gegen sich selbst gerichtet. Nach Angaben der Polizei gibt es dafür zwei Augenzeugen.

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