Ermittlungen gehen weiter Holzklotz-Werfer war bei Nachbarn beliebt

Wahnbek (RPO). Das Haus des Holzkotzwerfers. Auf dem Türschild steht sein Name. Die Fenster sind verhangen. Schmutzige Gardinen hängen davor. Das Haus macht einen heruntergekommenen Eindruck. Auch der Garten ist verwahrlost. Hier wohnt Nikolai H., der mutmaßliche Holzklotz-Werfer. Ein Nachbar will gar nicht glauben, dass er es gewesen sein soll.

Tödlicher Holzklotzwurf - eine Chronik
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Foto: AP

Der Nikolai sei doch ein "feiner Kerl", pflichtet ihm ein anderer Nachbar bei. Jedem habe er die Hand gegeben, auch wenn er ein Einzelgänger gewesen sei.

Doch der 30-jährige inzwischen in Untersuchungshaft sitzende Drogenabhängige hat gestanden, am Ostersonntag einen Holzklotz von einer Brücke auf die Autobahn 29 bei Oldenburg geworfen zu haben. Dabei tötete er die 33-jährige Mutter zweier Kinder.

Die Frau, die im Kiosk in Wahnbek arbeitet, ist erleichtert, dass der Täter zwei Monate nach der Tat endlich gefasst ist. Nun sei die Zeit der Ungewissheit für den Ehemann und die Kinder des Opfers vorbei. Dass sowohl das Opfer als auch der Täter offenbar aus Kasachstan stammen, sei dabei ein merkwürdiger Zufall. Die Frau vom Kiosk kannte Nikolai H. und hatte ein völlig anderes Bild von ihm als dessen Nachbarn. "Er war als aggressiv bekannt, aber so was, das geht zu weit", sagt sie kopfschüttelnd.

Im Dorf habe jeder gewusst, dass der wegen Eigentums- und Betäubungsmitteldelikten vorbestrafte Mann auch wegen Körperverletzung und einer Messerstecherei polizeibekannt war. Im Kiosk hatte er zeitweise Hausverbot, weil er dort gestohlen habe.

Die Eltern des Mannes seien im Gegensatz zu ihrem Sohn "liebe, ordentliche Leute", betont die Kiosk-Frau. Sie waren vor 16 Jahren mit ihren Kindern nach Deutschland gekommen. In Wahnbek bauten sie ein Haus in einem gutbürgerlichen Viertel. "Die schämen sich sicher für ihren Sohn in Grund und Boden", vermutet sie.

Die Nachbarn sagen, dass Nikolai H. seit rund zwei Jahren in der Barackensiedlung wohne. Seit zehn Jahren ist er laut Polizei abhängig von harten Drogen wie Heroin. "Er hatte offenbar den falschen Umgang", sagt die Frau aus dem Kiosk.

Dass eine Gruppe Jugendlicher den Holzklotz geworfen haben soll, wie die Fahnder zunächst vermuteten, habe sie nie geglaubt, fügt sie hinzu. Mit einem Phantombild hatte die Polizei damals nach den Jugendlichen gesucht, die von Zeugen zum Tatzeitpunkt angeblich auf der Brücke gesehen wurden. Das entsprechende Plakat ist im Wahnbeker Supermarkt inzwischen abgehängt.

Die Ermittler hoffen aber weiterhin, dass sich die Jugendlichen melden, um den gesamten Tatverlauf nachvollziehen zu können, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg, Stefan Schmitt. "Wenn sie tatsächlich ungefähr zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts waren, könnten sie etwas mitbekommen haben", betont er.

Wie der schmächtige Nikolai H. den sechs Kilogramm schweren Holzklotz von seinem Haus bis zur drei Kilometer entfernten Autobahnbrücke bringen konnte, kann sich die Kiosk-Frau nicht erklären. "Vielleicht mit seinem Fahrrad", sagt sie. Und schiebt dann sichtlich fassungslos nach: "Das ist Vorsatz."

Der 30-Jährige H. hatte sich zwei Wochen nach der Tat als angeblicher Zeuge bei der Polizei gemeldet. Die Ermittler hatten kurz zuvor öffentlich einen Massen-Gentest erwogen. Offenbar befürchtete er, dass die Ermittler seine Fingerabdrücke an dem Holzklotz finden. Deshalb tischte er der Polizei die Mär auf, bei einer Fahrt mit dem Fahrrad zu seinem Dealer einen Holzklotz vom Radweg auf der Brücke weggeräumt zu haben. Das erschien den Ermittlern von Anfang an wenig wahrscheinlich. Als die Sandanhaftungen an dem Holzklotz sich als identisch mit dem Sand von seinem Grundstück erwiesen, gestand er die Tat.

Als Motiv gab Nikolai H. "allgemeinen Frust" an. Staatsanwaltschaftssprecher Schmitt sagte, er könne noch nicht definitiv sagen, ob der 30-Jährige "nun jemanden töten oder eins auswischen wollte". Im Dorf ist man erst einmal erleichtert. Der Bürgermeister der Gemeinde Rastede, Dieter Decker (CDU), sagt: "Ich bin froh, dass ein Tatverdächtiger gefasst wurde und die Unruhe nun zu Ende ist."

(afp)
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