Überfall in Wuppertal Hoher Goldpreis macht Täter skrupelloser

Wuppertal · Der Raubüberfall auf einen Juwelier in Wuppertal mit einer Toten ist der brutalste der vergangenen Jahre. In NRW meldete die Polizei in nur einer Woche mehrere Einbrüche und Überfälle auf Juweliergeschäfte. Ein Grund: der hohe Preis für Edelsteine und Gold. Die Beute wird immer lukrativer.

Brutaler Überfall auf Juwelier in Wuppertal
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Brutaler Überfall auf Juwelier in Wuppertal

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Der schwere Überfall geschah mitten in der Haupteinkaufszeit. Gegen 17 Uhr betraten die Männer das Juweliergeschäft in Wuppertal-Barmen, einer der beiden zog eine Pistole und schoss aus nächster Nähe auf die Angestellten. Eine der beiden Verkäuferinnen starb, ihre Kollegin wurde schwer verletzt. Sie schwebt noch in Lebensgefahr. "Die Täter erbeuteten Schmuck", sagte gestern Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt. Doch warum die Männer, die in Belgien wohnten, sich ausgerechnet das kleine Geschäft in Wuppertal aussuchten, ist unklar. Bislang gibt es keine Hinweise auf persönliche oder geschäftliche Kontakte der Täter zu dem Laden. Wohl aber wurde der ältere der Männer 2004 in Wuppertal wegen eines Raubes verurteilt.

"Einen so brutalen Raub auf einen Juwelier hat es in den vergangenen Jahren in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben", sagt Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes. Die Zahl der bewaffneten Überfälle auf Juweliergeschäfte in NRW ist in den vergangenen Jahren leicht gestiegen, in diesem Jahr sind es bereits 29. Zu Einbrüchen in Juwelierläden gibt es zwar keine gesonderte Statistik. Allein in den vergangenen sieben Tagen verzeichnete die Polizei aber mehrere Einbrüche, Diebstähle und einen Überfall auf Juweliere in der Region. Erst gestern legten Einbrecher in Ratingen die Alarmanlage eines Juweliers lahm, hebelten die Tür auf und entkamen mit Schmuck im Wert von mehreren Zehntausend Euro. In Herford stahl ein Kunde während eines Verkaufsgesprächs Ringe im Wert von 1000 Euro. Und in ein Juweliergeschäft in Nettetal wurde in vier Tagen sogar zweimal eingebrochen.

Der hohe Preis für Edelsteine und -metalle wie Gold (derzeit rund 43 Euro pro Gramm) sei verlockend, sagt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte. "Wenn die Beute deutlich mehr wert ist als vor einigen Jahren, steigt die Bereitschaft zu Überfällen." Über die Täter ist meist wenig bekannt. "Oft sind sie gut organisiert und arbeiten professionell", sagt Wolfgang Spies, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei (GdP). In einigen Fällen sind nur Hintermänner vor Ort; für Aufträge werden Einbrecher oder Räuber gezielt angeworben. Anhaltspunkte, dass die inzwischen in Haft sitzenden Täter von Wuppertal zu einer Bande gehören, gibt es derzeit jedoch nicht.

Ausspähungen über Wochen

Meist spähten die Räuber die Geschäfte schon Wochen vorher aus, beobachteten, wie viele Verkäufer sich darin aufhalten oder wo Alarmanlagen sind. Spektakuläre Fälle wie der Überfall 2005 auf den Juwelier Kern an der Königsallee, als fünf Täter die Angestellten mit Maschinenpistolen bedrohten, schossen und mit Luxus-Uhren entkamen, seien aber selten, sagt Spies. In große Geschäfte in belebten Fußgängerzonen einzubrechen oder sie zu überfallen, ist riskant. Stattdessen haben es die Täter oft auf kleine Läden abgesehen. "Man kommt leichter hinein, sie sind schlechter gesichert, und es gibt weniger Personal."

Vor allem Einbrecher gingen "auffällig brutal" vor, um in die Läden zu gelangen — wie vergangene Woche in Nettetal: Mit einer Stahlstütze am Auto fuhren die Täter gegen die Tür des Juweliergeschäfts Andrae, zerstörten so das Gitter vor der Tür und stahlen Ringe. Vier Tage später versuchten es Einbrecher erneut. Mit Pflastersteinen warfen sie die Scheibe ein, um an die Auslage zu kommen — allerdings vergeblich. "Verhindern kann man so etwas wohl nicht", sagt Inhaber Werner Stumm. Seine fünf Filialen seien mit Panzerglas, einer Alarmanlage und direktem Anschluss zum Wachdienst gesichert.

Große Juweliergeschäfte mit teurerer Ware wappnen sich mit mehr Technik. "Die Branche hat aufgerüstet, vor allem, was die elektronische Sicherheit angeht", sagt Joachim Dünkelmann vom Bundesverband der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte. Alarmanlagen und Maschinen, die den Raum bei Einbruch in wenigen Sekunden in Nebel tauchen, sind eine Methode. In einigen Geschäften gibt es Sicherheitsschleusen mit Codes, andere montieren Poller, damit niemand mit dem Auto die Schaufenster einfahren kann. "Sie können aus einem Juwelierladen aber keinen Hochsicherheitstrakt machen —dann kauft keiner mehr was", sagt Dünkelmann.

(RP/felt)
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