Jahrhundert-Höchststand erwartet Hitzacker: Kleine Stadt in großer Angst

Hitzacker (rpo). Wenn Norbert Erler im niedersächsischen Städtchen Hitzacker die Füße hochlegt, dann nur, damit sie trocken bleiben. Der Lehrer hatte sich seine Osterferien sicher anders vorgestellt. Das Elbe-Hochwasser hat die 5.000-Einwohner-Stadt schneller erreicht als erwartet. Und die braune Brühe könnte noch höher steigen als beim Jahrhunderthochwasser 2002.

Hitzacker unter Wasser
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Foto: AP

Noch am Mittwoch war von einem Höchststand von 7,15 Meter ausgegangen worden, der erst am kommenden Montag Hitzacker im Landkreis Lüchow-Dannenberg erreichen sollte. Doch bereits am Donnerstagmorgen stand das Wasser dort 7,10 Meter hoch. Um 11.15 Uhr waren es 7,16 Meter, bis zum Abend wurde ein Pegel von 7,30 Meter erwartet. Um 14.00 Uhr am Donnerstag rief der Landkreis Lüchow-Dannenberg den Katastrophen-Voralarm aus.

Er habe schon Gerüchte gehört, dass das Wasser bis auf 7,50 Meter steigen solle - so hoch wie beim Jahrhunderthochwasser 2002, sagt Erler. Achim Stolz, der Sprecher des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), teilt die Befürchtungen. Nach seinen Angaben wird in Neu Darchau, nur wenige Kilometer elbabwärts, für kommenden Dienstag oder Mittwoch ein Höchststand von 7,50 Meter erwartet. 2002 waren es dort 7,32 Meter.

Knapp fünf Zentimeter hoch habe damals das Wasser in seinem Haus gestanden, das in der historischen Altstadt Hitzackers direkt zwischen Elbe und dem kleinen Flüsschen Jeetzel liegt, berichtet Erler. Der entstandene Schaden habe bei 12.000 Euro gelegen.

Auch wenn die Welle früher kommt als erwartet - unvorbereitet ist man nicht. Die Samtgemeinde hat bereits Stege aufbauen lassen. Er selbst bereite sich seit einer Woche auf das Hochwasser vor, sagt der Lehrer. Das Haus habe er mit Silikon, Folie und mehr als 500 Sandsäcken abgedichtet. Nur etwa zwei Meter war das Wasser am Donnerstag noch von seiner Haustür entfernt. Die restlichen 300 Meter der Straße zur Elbe waren bereits überspült.

Er lebe seit 58 Jahren in Hitzacker und besitze schon Routine im Umgang mit dem Hochwasser, sagt Erler. Allerdings sei "der seelische Druck ist immer wieder da". Sorge bereitet ihm, dass das Wasser sieben bis zehn Tage bleiben soll, länger als sonst. Bei einen Pegelstand von 7,35 Meter werde der Strom abgeschaltet. "Dann wird es nachts kalt, 2002 war es wenigstens schon warm", sagt Erler. 750.000 Euro Schaden richtete das Hochwasser im August 2002 in Hitzacker an. Danach wurden Schutzmaßnahmen beschlossen: Eine Hochwasserwand, ein Schöpfwerk und ein Deichsiel für insgesamt 74 Millionen Euro. Fertig sind die Bauten freilich noch nicht. "Die Mühlen mahlen langsam in den Behörden - manchmal zu langsam", sagt Friedemar Gade. Der Hausmeister des Kindergartens in der Altstadt ist mit Helfern dabei, das Gebäude abzudichten. Die Kinder hätten geholfen, Säcke mit Sand von ihrem Spielplatz zu füllen. Jetzt seien sie in der Turnhalle untergebracht.

Direkt neben dem Kindergarten liegt die Bücherei, davor hat die Stadt Sandsäcke abladen lassen. Aber nur zur Sicherheit. "Wir machen erstmal nichts", sagt Bibliothekarin Regina Mattern. Vor vier Jahren hätten sie und ihre Kollegen das komplette Erdgeschoss geräumt. Dabei sei mehr Schaden entstanden als durch das Wasser, betont sie. Das habe 20 Zentimeter vor dem Gebäude Halt gemacht. "Im Hinterkopf macht man sich aber schon Gedanken", räumt Mattern ein. Aber es stünden ja auch genug Helfer bereit.

(afp2)
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