Brennenden Tanklaster aus der Stadt gefahren Held von Schrobenhausen soll 3200 Euro Strafe zahlen

Pfaffenhofen an der Ilm · Als ein Reifen platzt und sein Tanklaster Feuer fängt, reagiert ein Fernfahrer mutig: Er steuert das Fahrzeug über mehrere Kilometer aus einem bewohnten Gebiet. Trotzdem muss er sich vor Gericht verantworten. Am Ende bekommt er eine Geldstrafe.

 Der brennende Tanker wurde von der Feuerwehr gelöscht (Archiv).

Der brennende Tanker wurde von der Feuerwehr gelöscht (Archiv).

Foto: dpa/Manfred Erhard

Er wurde als Held gefeiert – nun sitzt er auf der Anklagebank. Dass der 50-Jährige, der einen brennenden Tanklaster aus bewohntem Gebiet bei Schrobenhausen in Oberbayern gesteuert hatte, mit dieser riskanten Fahrt sein Leben aufs Spiel setzte, das stellt der Vorsitzende Richter nicht infrage. Aber es geht am Dienstag vor dem Amtsgericht Pfaffenhofen an der Ilm um das, was zuvor passiert war. Ob der Mann das Manöver hätte verhindern können, weil es schon früh Alarmsignale gab.

Das nämlich wirft die Staatsanwaltschaft dem Fernfahrer vor: Dass der Fahrer Probleme bemerkt habe und seine Fahrt hätte stoppen müssen. Die Behörde beschuldigt ihn der Brandstiftung und Sachbeschädigung. Das Gericht verurteilt ihn später zu einer Geldstrafe.

Es ist der 17. Juli 2017. Der Familienvater sitzt am Steuer seines Tanklasters. Das Wetter ist schön und der Mann routiniert. Seit 20 Jahren ist er nach eigenen Angaben Berufskraftfahrer, fast ebenso lang hat er Erfahrung mit Gefahrguttransporten. An jenem Julitag transportiert er mehr als 34.000 Liter Benzin und Diesel über eine Bundesstraße. Irgendwann hält er für eine Pause in einer Parkbucht.

So schildert es der Verteidiger des Angeklagten in einer Erklärung zu Beginn des Prozesses, danach spricht der Mann mit Brille, rosa Hemd und Kinnbart auch selbst über die Ereignisse. Er sei ausgestiegen und habe Rauch im Bereich des hinteren linken Reifens bemerkt. Alarmiert ist er damals nicht. Der Fernfahrer geht davon aus, dass die Bremse heißgelaufen ist. Er will sich absichern und ruft seinen Arbeitgeber an, doch in der Firma erreicht er niemanden.

Nach einiger Zeit verzieht sich der Rauch dann aber. Er steigt in sein Fahrzeug, fährt an, testet die Bremse. „Das hat einwandfrei funktioniert“, erzählt der Angeklagte. Also setzt er seine Fahrt fort. Erst als etwa 20 Kilometer später der Reifen mit einem lauten Knall platzt, sei ihm bewusst geworden, dass dies ein Notfall ist. Kurz darauf schlagen Flammen hoch und der Mann ruft die Polizei.

Der Vorsitzende Richter bohrt am Dienstag mehrmals nach. Ob dem Angeklagten vor seiner Pause und danach nichts aufgefallen sei. „Mir ist nichts aufgefallen, sonst hätte ich angehalten“, betont der 50-Jährige. Damals hatte ihn ein Polizist mit dem brennenden Laster aus der Stadt gelotst. Der Tanklaster wurde außerhalb des Ortes von der Feuerwehr gelöscht. Die Polizei sagte danach, der Fahrer habe Mut bewiesen. Ein Radiosender kürte ihn zum Helden der Woche. Schrobenhausen wollte sogar eine Dankesfeier ausrichten.

Vor Gericht zeigt sich der Mann selbstkritisch. Seine Einschätzung sei ein Irrtum gewesen, räumt er ein und sagt: „Ich bin froh, dass niemandem etwas passiert ist.“ Die Staatsanwältin rückt in ihrem Plädoyer zum Teil von der Anklage ab – sie fordert eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen wegen fahrlässiger Brandstiftung. Der Angeklagte wäre damit vorbestraft. Zudem beantragt sie einen Monat Fahrverbot. Zu hart, meint der Verteidiger. Er plädiert auf eine niedrigere Geldstrafe und darauf, vom Fahrverbot abzusehen.

Am Nachmittag die Entscheidung: Das Gericht verurteilt den Mann wegen fahrlässiger Brandstiftung zur Zahlung von 80 Tagessätzen zu je 40 Euro - also 3200 Euro. Vorbestraft ist der 50-Jährige damit nicht. Zudem wird ihm für einen Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Der Mann hätte erst weiterfahren dürfen, nachdem geklärt war, was die Ursache für den Rauch am Fahrzeug ist, begründete der Richter. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

(wer/dpa)
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