Düsseldorfer nun Erzbischof in Berlin Koch bringt rheinische Zuversicht an die Spree

Berlin · Wenn ein Düsseldorfer die Worte "Freut euch allezeit! Der Herr ist nah" zum Leitgedanken seines Bischofsamtes macht, dann muss er mit rheinischer Zuversicht gleich selbst vorangehen. Jedenfalls trat Heiner Koch in diesem Sinne seine neue Herausforderung als Erzbischof von Berlin an – und stieß mit einem frisch gezapften Alt darauf an.

Wenn ein Düsseldorfer die Worte "Freut euch allezeit! Der Herr ist nah" zum Leitgedanken seines Bischofsamtes macht, dann muss er mit rheinischer Zuversicht gleich selbst vorangehen. Jedenfalls trat Heiner Koch in diesem Sinne seine neue Herausforderung als Erzbischof von Berlin an — und stieß mit einem frisch gezapften Alt darauf an.

Es war genau 11:21 Uhr, als sich der 61-Jährige in der Hedwigskathedrale auf den Bischofsstuhl, die Kathedra, setzte — und damit war er es wirklich: Erzbischof von Berlin. Nicht alle waren glücklich über die Geschwindigkeit, mit der die Personalwechsel im deutschen Episkopat in letzter Zeit vonstatten gingen. Der Vorsitzender der Bischofskonferenz, Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, griff die Kritik bei der Amtseinführung selbst auf, indem er mahnte, dass dies "nicht die Regel" werden dürfe.

 Heiner Koch wird in sein Amt als neuer Erzbischof von Berlin eingeführt. Er wird Nachfolger von Kardinal Rainer Maria Woelki (l.), der als Erzbischof nach Köln gegangen ist.

Heiner Koch wird in sein Amt als neuer Erzbischof von Berlin eingeführt. Er wird Nachfolger von Kardinal Rainer Maria Woelki (l.), der als Erzbischof nach Köln gegangen ist.

Foto: dpa, wk pzi

Die Vorgeschichte dieses Samstags: Kaum war Rainer Maria Woelki in Berlin angekommen, hatte er auch schon nach Köln zu wechseln, und kaum war aus Köln kommend Heiner Koch in Dresden als Bischof heimisch geworden, musste er nach gerade mal zwei Jahren auch schon nach Berlin. Die beiden ehemaligen Kölner Weihbischöfe Woelki und Koch vollzogen den Wechsel nun auch in Berlin: Woelki gab den Bischofsstab offiziell an Koch weiter — und der landete sofort im prallen Leben der Hauptstadt, das alles andere als katholisch geprägt ist: Nur jeder zehnte Berliner ist Katholik.

Die äußeren Umstände der Bischofseinführung können einem Heiner Koch, der mit ausgebreiteten Armen und offenen Ohren auf die Menschen zugehen und auch die Meinung von Andersgläubigen und Atheisten als "Bereicherung" empfindet, nicht gefallen haben: Absperrgitter und Polizeiketten trennten die Kathedrale vom Volk. Der Grund hatte mit den zum Teil aggressiven Reaktionen von Gegendemonstranten zu tun, die in den vergangenen Jahren den "Marsch für das Leben" überschattet hatten — und die nun während des am Mittag erneut startenden "Marsches" nicht auch noch den festlichen Gottesdienst treffen sollten. Die Live-Übertragung an zwei weitere Orte und im Regionalfernsehen sollte die Gitter relativieren.

Koch machte in seiner ersten Predigt zugleich jedoch unmissverständlich klar, sich mit seiner Position nicht verstecken zu wollen. Christen müssten dafür eintreten, dass "kein Leben ausgegrenzt" werde, und dazu gehöre das ungeborene wie das schwache, das arme und das sterbende — und selbstverständlich auch alle Flüchtlinge. Um das deutlich zu machen, müsse man zuweilen "auch auf die Straße gehen".

Nachdrücklich warb Koch für Ökumene, und zwar deutlich forcierter. "Es geht nicht mehr so wie früher", unterstrich er. Christen müssten nun "gemeinsam den Samen aussäen". Nur zu gern griffen das zahlreiche prominente Gäste auf. Bischof Markus Dröge, Kochs evangelischer Amtskollege in Berlin, sagte ihm voraus, dass er bei seinen ersten Vorhaben, vor allem zuzuhören, die "Vielstimmigkeit" als "Haupthörerfahrung" in der Hauptstadt machen werde. Bereits die Fürbitten waren nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Arabisch, Englisch und Kroatisch vorgetragen worden. Und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke erwartete ihn sehr persönlichen Worten ein noch engeres Zusammenwirken der Christen.

Der Vertreter der katholischen Laien im Berliner Erzbistum, Wolfgang Klose, schenkte Koch zum Willkommen in der Kathedrale ein Mensch-ärger-Dich-nicht-Spiel — und spielte damit auf die anstehenden zähen Auseinandersetzungen im Bistum an. Es herrscht Uneinigkeit nicht nur über die Sanierung der Kathedrale sondern vor allem auch über das geplante Zusammenschrumpfen der Zahl der Kirchengemeinden von 110 auf 30.

Hatte der päpstliche Nuntius Nikola Eterovic beim Überreichen der Ernennungsurkunde noch das Bild geprägt, dass für Koch in Berlin nach dem Wirken am Rhein und an der Elbe nun an der Spree "die Flüsse seines Lebens zusammenfließen", brachte Woidke Kochs Stationen noch prägnanter auf den Punkt: Wer es in seinem Leben gewagt habe, von Düsseldorf nach Köln zu wechseln, für den sei der Weg von Sachsen nach Berlin "nur noch ein sehr kleiner Schritt".

Möglicherweise war es die von Koch und seinem Wahlspruch erzeugte fröhliche Grundstimmung, die die Zungen lockerer werden ließ, als es in katholischen Zeremoniellen üblich ist. Kardinal Marx meinte jedenfalls, dass Koch in Berlin nun endgültig seinen Koffer auspacken werde, denn dies sei seine "Endstation" — in dem aufkommenden Raunen korrigierte er sich: Da habe er den Mund vielleicht zu voll genommen. Denn was aus Koch noch werde, sei sicherlich Sache des Papstes.

Papst Franziskus hatte in der päpstlichen Bulle die Formulierung gewählt, dass Koch die Berliner Metropolitan-Kirche anzuvertrauen sei, "da du mit anerkannten Vorzügen des Geistes und Herzens ausgestattet und in der Theologie reichlich erfahren bist". Was nicht in dem Brief mit dem päpstlichen Siegel stand: Kochs Humor. Damit beendete dieser den Festgottesdienst. Er erinnerte nämlich daran, dass eine Woche nach seiner Amtseinführung als Bischof in Dresden dort der 1. FC Köln zu Gast gewesen sei, damals noch in der zweiten Liga. Nun sei eine Woche nach seiner Einführung als Erzbischof in Berlin der 1. FC Köln zu Gast in der Hauptstadt, inzwischen in der ersten Liga. "Seinerzeit hat der FC gewonnen, und nun wünsche ich Ihnen noch eine schöne Woche", meinte der neue Erzbischof an die Adresse der Berliner, die mit herzhaftem Lachen antworteten.

Währenddessen hatten nebenan Martin Chromik und weitere Ehrenamtler aus Kochs ursprünglicher Heimatgemeinde Eller-Lierenfeld bereits das erste mitgebrachte Fässchen Schumacher Alt angezapft — auch das eine Tradition: vor zwei Jahren in Dresden waren sie mit Füchschen angereist. Der neue Erzbischof ließ sich freudig überrascht das Alt schmecken, würdigte dessen stärkende Wirkung und verwies auf weitere Düsseldorfer Dinge, die er nun in Berlin aus seinem Koffer auspacken werde: Neben seinen Erinnerungen auch diverse Kunstwerke des Düsseldorfer Künstlers Bert Gerresheim. Darunter ein Bischofskreuz, das er aus dem Kreuz des Düsseldorfer Katholikentages und einer Pilgermuschel geprägt hatte. Stolz trug es der neue Erzbischof in Berlin überall mit hin.

(may-)
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