Drama am Frankfurter Hauptbahnhof Mann stößt Mutter und Kind vor einfahrenden ICE - Achtjähriger stirbt

Frankfurt/Main · Ein Mann stößt eine Mutter und ihr Kind im Frankfurter Hauptbahnhof vor einen ICE. Der Junge kommt ums Leben. Die Polizei hat den mutmaßlichen Täter festgenommen und sucht nach dem Motiv für die Tat.

Großeinsatz am Frankfurter Hauptbahnhof. vier Gleise wurden gesperrt.

Großeinsatz am Frankfurter Hauptbahnhof. vier Gleise wurden gesperrt.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Ein achtjähriger Junge ist im Hauptbahnhof von Frankfurt am Main von einem Mann vor einen einfahrenden Zug gestoßen und getötet worden. Ein Tatverdächtiger wurde festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Der Mann soll auch die Mutter des Jungen ins Gleisbett gestoßen haben. Die 40-Jährige habe sich aber retten können. Der mutmaßliche Täter und seine Opfer kannten sich ersten Ermittlungen zufolge nicht, wie eine Polizeisprecherin sagte. Zudem soll der Mann versucht haben, eine weitere Person in das Gleisbett zu stoßen. Diese habe das aber abwenden können. Die Polizei ermittelt wegen eines Tötungsdelikts.

Das Kind wurde laut Polizei am Bahnsteig 7 von dem einfahrenden ICE erfasst und erlitt tödliche Verletzungen. Der Tatverdächtige, ein eritreischer Staatsbürger, flüchtete zunächst, wurde später außerhalb des Bahnhofs mithilfe von Passanten festgenommen. Am Hauptbahnhof sei es zu einem „massiven Polizeieinsatz“ gekommen, sagte die Polizeisprecherin weiter. Auch die Feuerwehr war mit zahlreichen Kräften im Einsatz.

Am Hauptbahnhof wurden die Gleise 4 bis 9 für mehrere Stunden gesperrt. Es kam zu Ausfällen und Verspätungen, wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagte. Wann die Gleise wieder freigegeben werden könnten, war zunächst unklar.

Wie die „Hessenschau“ berichtet, sei der Zug aus Düsseldorf gekommen. Mehrere Reisende mussten ärztlich versorgt werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) unterbricht wegen des Vorfalls seinen Urlaub. Der Minister wolle sich mit Vertretern der Sicherheitsbehörden treffen, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. Am Dienstag will der Minister die Presse informieren.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat sich erschüttert gezeigt. "Es macht fassungslos, dass Mutter und Kind vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurden", erklärte Bouffier am Montag in Wiesbaden. Die Aufklärung der "abscheulichen Tat" liege nun in den Händen der zuständigen Behörden. Bouffier sprach der Familie sein Beileid aus.

Erst am 20. Juli wurde im Bahnhof der nordrhein-westfälischen Stadt Voerde eine 34 Jahre alte Mutter vor einen Regionalzug gestoßen und getötet. Der 28-jährige Tatverdächtige sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Der Mann soll sich der Frau wortlos von hinten genähert und sie auf die Gleise gestoßen haben, berichteten Zeugen der Polizei. Der mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich den Ermittlern zufolge nicht. Der 28-Jährige soll die Frau heimtückisch und aus Mordlust ins Gleisbett vor die Regionalbahn gestoßen haben. Er schwieg bislang zu den Vorwürfen.

Auch in den Jahren zuvor ist es zu tödlichen Vorfällen ähnlicher Art gekommen: Am 19. Januar 2016 wurde in Berlin eine junge Frau auf einem U-Bahnhof von einem psychisch kranken 29-Jährigen vor eine Bahn gestoßen, überrollt und tödlich verletzt. Der Täter wird im Prozess zur dauerhaften Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt.

Am 24. Dezember 1998 stieß ein Unbekannter in Stuttgart eine 20-Jährige vor eine S-Bahn. Sie wurde überrollt und starb noch vor Ort. Ein Jahr später stellte sich ein Mann der Polizei. Ein Gutachten ergab, dass er an einer schizophrenen Psychose litt. Er wurde dazu verurteilt, dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht zu werden.

Fahrgastverband: Bahnsteige kann man nicht sichern

Die Tötung von Menschen an Bahngleisen ist nach Einschätzung des Fahrgastverbands Pro Bahn nicht durch eine Sicherung der Bahnsteige zu verhindern. "Sollte sich herausstellen, dass es sich bei dem Vorfall in Frankfurt um einen absichtlichen Tötungsdelikt handelt, kann die Bahn so etwas im Prinzip nicht verhindern", sagte Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender vom Fahrgastverband Pro Bahn, unserer Redaktion. "Bahnsteige können nicht etwa mit Schutzgittern so gesichert werden, dass niemand vor einen Zug gestoßen oder aus Versehen ins Gleis fallen kann", so Naumann. Das Problem sei, dass Züge nie präzise an immer derselben Stelle halten könnten. So etwas funktioniere nur bei vollautomatisierten Systemen wie Shuttlezügen an Flughäfen. "Wenn brutale Menschen es darauf absehen, Unbeteiligte auf so eine Art zu töten, finden sie immer einen Weg", sagte Naumann. Es sei nicht leistbar, funktionierende Schutzgitter an den mehr als 6000 Bahnhöfen in Deutschland zu installieren.

(felt/mja/dpa/AFP)
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