Debatte um Umgang mit Smartphones NRW-Schulen dürfen selbst über Handyverbot entscheiden

Bonn · Während Frankreich direkt Nägel mit Köpfen macht und Handys an Schulen generell bis zur Sekundarstufe I verbietet, fordern Lehrer hierzulande zunächst einmal eindeutigere Regelungen im Umgang mit Smartphones.

 Eine Schülerin hält im Unterricht ein Handy in den Händen (Symbolbild).

Eine Schülerin hält im Unterricht ein Handy in den Händen (Symbolbild).

Foto: dpa/Jens Kalaene

Zwar seien Schüler im Allgemeinen dazu angehalten, im Unterricht ihre Handys auszuschalten, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). In der Praxis jedoch würden die Mobiltelefone meist nur stummgeschaltet. "Dabei wissen wir aus Studien, dass auch stummgeschaltete Handys die Aufmerksamkeit binden", betonte Meidinger.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) erklärte, es sei "natürlich nicht hinnehmbar", wenn Schüler im Unterricht ihr Smartphone zu privaten Zwecken nutzten. Allerdings müssten Verstöße dann auch entsprechend geahndet werden, so der Vorsitzende Udo Beckmann. "Die Grundlage dafür ist eine verantwortungsbewusste Schulgemeinschaft, eine funktionierende Eltern-Lehrkraft-Erziehungspartnerschaft und auch die Rückendeckung der Schulverwaltung."

Handyverbot: NRW-Schulen dürfen selbst entscheiden

In NRW ist derzeit kein allgemeines Handyverbot an Schulen wie in Frankreich geplant. Die Regelung bleibe den einzelnen Schulen oder auch den Lehrerinnen und Lehrern überlassen, teilte dazu am Dienstag das NRW-Schulministerium in Düsseldorf mit.

In den Pausen können Schülerinnen und Schüler ihre Handys demnach "in angemessener Weise im Rahmen der Schul- und Hausordnung nutzen". Wenn der Unterricht etwa durch Klingeltöne oder Vibrationsalarm gestört werde, könne die Lehrerin oder der Lehrer verlangen, das Handy auszuschalten. "Helfen Ermahnungen nicht, ist die Lehrkraft befugt, das Gerät zeitlich begrenzt an sich zu nehmen", teilte das Ministerium unter Berufung auf das Schulgesetz mit. Bei Missbrauch wie Cybermobbing könne es unter Umständen gerechtfertigt sein, die Nutzung für einen bestimmten Zeitraum zu verbieten.

Bei Klassenarbeiten, Klausuren und besonders während der zentralen Abiprüfungen müssen die Prüflinge ihre Handys auf Aufforderung vorher abgeben, "um Täuschungsversuchen vorzubeugen".

Viele Schulen hätten unter Mitarbeit der Schülerinnen und Schülern Vereinbarungen zur Handynutzung getroffen und diese zum Beispiel in der Schulordnung festgeschrieben.

Derweil hält der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter (Linke), ein Verbot von Handys an Schulen wie in Frankreich für überflüssig. "Ich bin der Überzeugung, dass die Schulen selbst entscheiden sollten, ob es ein partielles oder ein generelles Verbot im eigenen Haus geben soll", sagte Holter am Dienstag in Erfurt. Seiner Ansicht nach gehören Smartphones zur Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. "Es ist wichtig, dass die Schüler Medienkompetenzen entwickeln", sagte Holter, der auch Bildungsminister in Thüringen ist.Seiner Meinung nach könnten Landesschülervertretungen auch Selbstverpflichtungen eingehen, um die Nutzung von Handys in der Schule zu regeln.

Am Montag hatte das französische Parlament ein bereits bestehendes Verbot von Handys an Schulen ausgeweitet. Es betrifft Schüler im Alter von 3 bis 15 Jahren. Französische Gymnasien können ebenfalls ein solches Verbot einführen, sind dazu aber nicht verpflichtet. Die Regelung, für die sich Präsident Emmanuel Macron im Wahlkampf stark gemacht hatte, erstreckt sich auch auf Pausen und schulische Aktivitäten außerhalb des Schulgebäudes sowie auf weitere internetfähige Geräte wie Tablets und Smartwatches.

Der VBE sprach sich gegen ein generelles Handyverbot nach französischem Vorbild aus. "Die Schulen brauchen vor allem Regelungen, mit denen Grenzen gezogen werden können, aber gleichzeitig das Erlernen von Medienkompetenz ermöglicht werden kann." Tatsächlich verfügten Deutschlands Schulen größtenteils noch über "steinzeitliche Ausstattungen" in Sachen Computer und Co, dabei müssten die Schüler auf die digitale Arbeitswelt von morgen vorbereitet werden. Das Versprechen, fünf Milliarden Euro für den "Digitalpakt Schule" in die Hand zu nehmen, sei fast zwei Jahre alt, kritisierte Beckmann. "Noch immer warten die Schulen auf tatsächliche Mittel."

Der Deutsche Lehrerverband beurteilte den französischen Vorstoß dagegen positiv. Die Regelung sei klar formuliert, die Schüler müssten ihre Handys vor dem Unterricht abgeben. Zudem differenziere das Verbot nach Alter der Schüler. Die Befürchtung, wonach eine solche Regelung mit dem alltäglichen Leben nicht vereinbar sei, teile er nicht, sagte Meidinger. Natürlich müsse Schule Medienerziehung und Medienwissen vermitteln. "Aber Lehrer haben auch die Aufgabe zu verhindern, dass wir zu einem Diener der Technik werden." Insofern habe Frankreich "einiges richtig gemacht", meinte der Präsident des Lehrerverbandes. "Dazu kann ich nur sagen: 'Chapeau Macron!'"

(felt/kna)
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