Österreichs Rechtspopulist Haider war bei Unfalltod betrunken

Wien (RP). An seinem Mythos wird in Österreich schon eifrig gestrickt ­ da platzt die Nachricht dazwischen, dass Jörg Haider bei seinem tödlichen Autounfall am vergangenen Wochenende 1,8 Promille Alkohol im Blut hatte. Gleichwohl wird sein Begräbnis am Samstag ein Massenereignis.

Jörg Haider stirbt bei Verkehrsunfall
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Es war Jörg Haiders junger Nachfolger Stefan Petzner, der die undankbare Aufgabe übernehmen, musste, die geschockte Öffentlichkeit zu unterrichten: "Es ist richtig, dass Landeshauptmann Jörg Haider zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert war”, sagte Petzner. "Ich kann und muss das bestätigen.” Gerichtsmediziner hätten in Haiders Blut 1,8 Promille Alkohol festgestellt. Er war in der Nacht zu Samstag nach einer Party mit seinem Auto südlich der Landeshauptstadt Klagenfurt tödlich verunglückt. Der Tachometer war bei 142 Stundenkilometern stehen geblieben.

Einzelheiten zum Alkoholkonsum wurden nicht mitgeteilt. Petzner bestätigte aber, dass Haider gerne Feste gefeiert habe. Die österreichische Nachrichtenagentur APA zitierte einen namentlich nicht genannten Ernährungsexperten mit der Aussage, dass Haider eine Alkoholmenge zu sich genommen haben muss, die zehn doppelten Schnäpsen entsprechen würde, um auf 1,8 Promille zu kommen. Normalerweise würden Menschen bei einem solchen Wert schon beim Gehen schwanken.

Nach Absprache mit seinen Getreuen und Haiders Familie äußerte Petzner, der 27-jährige, designierte Parteichef des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), noch die Bitte: Die Medien mögen doch "auf die Stopptaste” drücken und die Berichterstattung über den Unfallhergang "abschließen”. Weitere Details seien nicht von öffentlichem Interesse, sondern nur noch Familienangelegenheit.

Ein Ansinnen, bei dem nicht wenige Österreicher argwöhnen, Haiders Anhänger wollten dessen Tod zum Mythos verklären: der "gütige Landesvater”, der immer für alle da war, der "König der Kärntner”, den alle geliebt hätten. Boulevardmedien haben Haider bereits in eine illustre Ahnengalerie aufgenommen: "Er starb wie Lady Di”, hieß es; auch James Dean und sogar John F. Kennedy werden als Schicksalsgenossen bemüht. Sein Tod sei für seine Familie ein tragischer Verlust, aber keine Staatstragödie, meinte Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer.

Haider habe sein Leben durch eigenen Leichtsinn verloren, der ihn auch in seinem politischen Handeln ausgezeichnet habe. Außer ein paar Kritikern stellt noch niemand Haider als "Vorbild” in Frage, obwohl er betrunken mit 142 Stundenkilometern, noch dazu bei Nebel, durch besiedeltes Gebiet gerast war und damit in Kauf genommen hatte, das Leben anderer Menschen zu gefährden. "Es ist sonst niemand verletzt worden”, hält Haiders politischer Ziehsohn Petzner dagegen.

Zur mythischen Verklärung zählen auch die Verschwörungstheorien, deren jüngste ein ehemaliger FPÖ-Politiker im Internet verbreitet: Haider sei einem Attentat des israelischen Geheimdienstes Mossad zum Opfer gefallen, weil er gute Kontakte zu Libyens Staatschef Gaddafi und seinem Sohn Saif al Islam gepflegt habe. Der BZÖ-Chefstarb kurz nach seiner erfolgreichen Rückkehr in die Bundespolitik. Bei der Parlamentswahl Ende September holte er elf Prozent der Stimmen als Spitzenkandidat des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Die Freiheitliche Partei (FPÖ) hatte er 2005 im Streit verlassen.

Haider wird am Samstag in Klagenfurt groß verabschiedet, etwa 30\x0e000 Trauergäste werden erwartet. Alle Kärntner können gratis per Bus anreisen. Die Einsegnung wird der auch für Kärnten zuständige Bischof der Diözese Graz-Seckau, Egon Kapellari, vornehmen.

Den Protokollorganen macht indes das Gerücht Sorge, wonach eine größere Gruppe Neonazis aus Österreich und Deutschland auf dem Weg nach Kärnten sei. Auch Veteranen der SS-Kameradschaft IV und deren Nachkommen wollen demnach für Haider Spalier stehen, weil dieser einmal die "Kriegsgeneration” pauschal von allen Nazi-Verbrechen freigesprochen hat.

(RP)
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