Brandenburgische Justizministerin ergreift erste Maßnahmen Häftlingsmisshandlung in Brandenburger Gefängnis

Brandenburg/Havel (rpo). Die brandenburgische Justizministerin Barbara Richstein (CDU) hat mit ersten disziplinarischen Maßnahmen auf die Vorwürfe der Häftlingsmisshandlung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Brandenburg reagiert.

Fünf Bedienstete seien am Donnerstag suspendiert worden, sagte Richstein. Ihnen wird vorgeworfen, einem Strafgefangenen, der einen Herzinfarkt erlitten hatte, nicht geholfen zu haben. Am Montag wird sich der Rechtsausschuss des Potsdamer Landtages auf einer Sondersitzung mit dem Fall beschäftigen.

Der Häftling hatte in der Nacht zum 14. Januar 2004 über Herzbeschwerden geklagt und nach einem Arzt verlangt. Einem herbeigerufenen Sanitäter habe er die Auskunft verweigert und geschrieen und getobt, sagte der Leiter der JVA, Hermann Wachter. Der Sanitäter habe Puls und Blutdruck gemessen und nichts Ungewöhnliches festgestellt. Da er den Mann nicht beruhigen konnte, verließ er den Raum.

Herzinfarkt erst am nächsten Morgen festgestellt

Der Gefangene habe daraufhin geschrien und gegen die Tür getreten. Nach mehreren Ermahnungen hätten die Bediensteten versucht, ihn in eine Zelle in einem anderen Trakt zu bringen. Dabei trugen sie Wachters Angaben zufolge Schutzschilde, Overalls und Masken. Drei Bedienstete hätten draußen gewartet, zwei seien in die Zelle gegangen, hätten dem sich wehrenden Mann mit einem Schild die Beine heruntergedrückt, seine Hände gefesselt und ihn in eine andere Zelle gebracht. Am Morgen sei der Mann erneut untersucht und anschließend ins Krankenhaus gebracht worden. Diagnose: Herzinfarkt.

Insgesamt wurden gegen acht Bedienstete Disziplinarverfahren eingeleitet. Zudem werde gegen einen Arzt der Anstalt wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt ermittelt, sagte der Potsdamer Oberstaatsanwalt Heinrich Junker. Gegen ihn gebe es einen Anfangsverdacht, er habe zu spät medizinische Hilfe geleistet.

Richstein zeigte sich empört über den Vorgang. Sie könne nicht nachvollziehen, dass die Bediensteten maskiert gewesen seien, auch wenn sie Angst um ihr Leben und das ihrer Familien hatten. Mit der Vermummung hätten sie eine "gewisse Macht" demonstriert und einen ohnehin unterlegenen Menschen eingeschüchert. Das Tragen der Masken in der JVA sei seit Montag verboten.

"Klartext": Schon häufiger Misshandlung von Häftlingen

Das RBB-Magazin "Klartext" hatte am Mittwoch berichtet, dass es in den vergangenen Jahren mehrfach zu Übergriffen auf Gefangene gekommen sei. Die Opfer seien durch vermummte Vollzugsbeamte misshandelt worden. Der Sender stützt sich auf die Aussagen von zwei ehemaligen und einem noch inhaftierten Opfer.

Richstein betonte, sie habe keine Erkenntnisse über "regelmäßige Streifzüge" von Beamten durch die Zellen. Allerdings gebe es mehrere Anzeigen gegen Beamte wegen Körperverletzung, denen nachgegangen werde. Noch sei es zu früh zu sagen, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe oder ob ein strukturelles Problem in der JVA Brandenburg vorliege. Sie warnte zugleich vor einer Generalverurteilung der Bediensteten. Es handele sich um einzelne Beamte und nicht um die Mehrzahl.

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