Türck-Prozess Gutachterin hält mutmaßliches Opfer für "psychisch labil"

Frankfurt/Main (rpo). Im Vergewaltigungsprozess gegen Andreas Türck hat eine psychologische Gutachterin beim mutmaßlichen Opfer den Verdacht auf eine "hysterische Neurose" diagnostiziert. Aufgrund der "labilen Persönlichkeitsstruktur" könne die 29-Jährige "Pseudoerinnerungen" an den Vorfall haben, sagte Gutachterin Edda Gräfe am Donnerstag vor dem Frankfurter Landgericht. Eine bewusste Falschaussage sei jedoch "ausgeschlossen".

Zweiter Prozesstag
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Foto: ddp

Unterdessen versuchte Türcks Verteidigung am sechsten Prozesstag erneut, die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin zu erschüttern.

Gräfe sagte, das Gesamtergebnis des Tests vermittle ein Bild der Nebenklägerin, das "im Grenzbereich zu einer Störung" liege. Diese psychologische Störung könne die Reaktion auf ein früheres traumatisches Ereignis sein. Daher sei eine "unbewusste Falschaussage" nicht auszuschließen, die Angaben des mutmaßlichen Opfers seien jedoch "psychologisch nachvollziehbar und plausibel".

Abschließendes Gutachten am Dienstag

Die Diplompsychologin hatte die Nebenklägerin vor dem Prozess zweimal zu Hause aufgesucht und befragt. Über ihr abschließendes Urteil zur Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers soll die Gutachterin am kommenden Dienstag weiter befragt werden.

Die 29-Jährige soll aber schon zwei Wochen vor dem Vorfall mit Türck im August 2002 in ihrem Bekanntenkreis erzählt haben, sie sei von zwei Jugoslawen vergewaltigt worden. Ein Bekannter der 29-Jährigen sagte am Donnerstag aus, sein Bruder habe ihm seinerzeit darüber berichtet. Der Zeuge offenbarte allerdings große Erinnerungslücken. Auch nach der Verlesung eines Telefonüberwachungsprotokolls mit dem Inhalt eines Gesprächs der beiden Brüder vom 2. September 2002 blieben die Angaben des 26-Jährigen vage.

Die Rolle der beiden Brüder in dem Prozess gegen Türck bleibt ebenso undurchsichtig. Die beiden Bekannten der Nebenklägerin hatten die Telefonüberwachungsprotokolle der Verteidigung zugespielt und sich abfällig über die 29-Jährige geäußert. Die Frage der Vorsitzenden Richterin Bärbel Stock, ob sie für die Überlassung der Protokolle Geld von der Verteidigung erhalten hätten, hatte der ältere Bruder des am Donnerstag vernommenen Zeugen aber verneint. Eine von der Verteidigung zur Unterstützung der Glaubwürdigkeit beantragte Vereidigung des 26-Jährigen am Donnerstag lehnte das Gericht jedoch als unbegründet ab.

Wettergutachterin befragt

Zu den Sichtverhältnissen auf der Mainbrücke in jener fraglichen Nacht des 25. August 2002 hatte das Gericht am Donnerstag eigens eine Wettergutachterin bestellt. Die Diplom-Meteorologin sagte aus, die Sichtweite sei wegen der nur minimalen Bewölkung gut, Umrisse einer Person aus 80 Metern Entfernung erkennbar gewesen. Die 27. Strafkammer hielt die Befragung der Wetterexpertin für notwendig, da die zwei ebenfalls auf der Brücke anwesenden Zeugen laut ihren Aussagen nichts von den mutmaßlichen Gewalttätigkeiten Türcks bemerkt hatten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Türck schwere sexuelle Nötigung und Körperverletzung vor. Dem 36-Jährigen droht eine Haftstrafe von mindestens zwei Jahren. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

(afp)
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