Gina-Lisa Lohfink vor Gericht "Ich hab' Angst, ich will ihn gar nicht sehen"

Berlin · Im Vergewaltigungsprozess gegen das Model Gina-Lisa Lohfink kommen viele intime Details zur Sprache. Es geht um Sexnächte, die vier Jahre zurückliegen. Ein Ende des Prozesses ist nicht in Sicht. Am 22. August steht der nächste Prozesstag an.

 Gina-Lisa Lohfink am Montagmorgen im Gerichtssaal mit ihren Anwälten Christian Simonis (l.) und Burkhard Benecken.

Gina-Lisa Lohfink am Montagmorgen im Gerichtssaal mit ihren Anwälten Christian Simonis (l.) und Burkhard Benecken.

Foto: dpa, car tmk

Es ist eine zähe Suche nach der Wahrheit. Wurde das Model Gina-Lisa Lohfink von zwei Männern vergewaltigt? Bekam sie K.-o.-Tropfen? Oder waren es alkoholisierte, einvernehmliche Sexstunden zu dritt? Als der lange verschwundene Ex-Clubmanager Sebastian Castillo Pinto am Montag als Zeuge den Saal 129B im Amtsgericht Berlin-Tiergarten betritt, ist der Platz von Lohfink leer. Sie wollte mit Erlaubnis des Gerichts nicht dabei sein, wenn er über jene Nacht im Juni 2012 berichtet. "Ich hab' Angst, ich will ihn gar nicht sehen", haucht sie beim Hinausgehen. Verteidiger Christian Simonis hält ihre Hand.

Die 29-Jährige wirft Pinto sowie einem Fußballer Vergewaltigung vor.
Entsprechende Ermittlungen nach einer Anzeige von Lohfink hatte die Staatsanwaltschaft eingestellt. Die frühere "Germany's next Topmodel"-Kandidatin muss sich nun wegen der Behauptungen vor Gericht verantworten. Einen Strafbefehl hatte sie nicht akzeptiert. Am Montag verhandelte das Gericht über Stunden. Es ist der dritte Prozesstag. Fortsetzung am 22. August.

Der Fall hatte auch die "Nein heißt Nein"-Debatte über ein strengeres Sexualstrafrecht befeuert, das der Bundestag im Juli beschlossen hat.

"Ich habe niemanden in die Wohnung geschleppt, ich habe niemanden gefesselt. Was soll mir das bringen, mit einer wehrlosen Frau Sex zu haben", schmettert Pinto mit lauter Stimme in den Saal. Lohfink sei ganz begeistert von ihm gewesen, sie habe sich zum Schluss mit einem Kuss verabschiedet. Vorher habe er sie nicht gekannt. Pinto, der nach eigener Aussage Gedichte schreibt und sich als "Dichter des Glaubens" sieht, redet ohne Punkt und Komma.

Er berichtet, wie der Fußballer mit Lohfink an seiner Wohnungstür geklingelt habe und sie dann "zu dritt Spaß" hatten. Lohfink habe gestrippt, auch Champagner bestellt. Drogen oder K.-o.-Tropfen seien in der Nacht im Juni 2012 nicht im Spiel gewesen. Sie hätten über Stunden abwechselnd einvernehmlichen Sex gehabt und dabei auch gefilmt.

Der 33-Jährige unterbricht Richterin Antje Ebner und sagt zu einem Verteidiger: "Alles kommt raus, mein Freund." Richterin Ebner ermahnt ihn: "Mäßigen Sie sich." Die Verteidigung will einen Drogentest. Pinto lehnt ab. Er ist überzeugt, Lohfink habe nur in die Medien kommen wollen. Ihm habe der Fall nur geschadet. Er habe seine Arbeit verloren und bekomme auch keine mehr.

Es habe in den letzten zehn Jahren acht Ermittlungsverfahren gegen ihn gegeben, "oder auch zehn", antwortet der frühere Club-Manager aufgebracht auf eine entsprechende Frage der Verteidigung. Die präsentiert noch überraschend eine neue Zeugin. Nach Ansicht der Lohfink-Anwälte soll der heute 35-Jährigen 2004 Ähnliches wie Lohfink passiert sein. Sie habe von Pinto in einem Club einen Drink bekommen. Danach sei die Erinnerung wie ausgelöscht gewesen, berichtet die Frau. Sie sei mit Schmerzen in ihrer Wohnung aufgewacht, Pinto sei da gewesen. Sie sei nicht zur Polizei gegangen. "Ich hab' mich einfach geschämt", sagt die Zeugin, die im Bundesumweltministerium arbeitet.

Pinto war bis vor kurzem für die Justiz nicht auffindbar. Er sei auch psychisch nicht in der Lage gewesen, sich früher zu melden, gibt er zu Protokoll. Einen Strafbefehl wegen Verbreitung des Sex-Videos konnte bislang nicht zugestellt werden. Er werde ihn nicht akzeptieren, kündigt Pinto an. Damit könnte es zu einem neuen Prozess mit denselben Beteiligten kommen. Er habe nach der Nacht nichts weitergeschickt, erst Tage später. Der Film war eine Zeit lang im Internet zu sehen.

Der Fußballer hatte den Strafbefehl wegen Verbreitung des Films dagegen akzeptiert - weil er nicht noch mehr Aufsehen wollte. Dieser hatte am zweiten Prozesstag von Sex an drei aufeinanderfolgenden Tagen mit Lohfink berichtet. Beide Männer haben jetzt ihrerseits Strafanzeige gegen Lohfink wegen Verleumdung und Beleidigung gestellt.

Eine Polizistin berichtet, wie sie Lohfink damals einige Monate später vernahm. Lohfink sei in ihren Antworten auch unkonkret gewesen, habe mit Allgemeinplätzen wie "Die Wahrheit kommt ans Licht" geantwortet. Auch die Videos hatte die heute 36-Jährige ausgewertet. "Es war kein sanfter, zärtlicher Sex, aber von Gewalt würde ich nicht sprechen", sagt die Beamtin vom Landeskriminalamt, die sich seit zehn Jahren mit Sexualdelikten befasst.

Im Publikum springt eine Frau auf und ruft: "Veranstaltungen wie diese sind der Grund, warum die Dunkelziffer so hoch ist." Sie wird hinausgebracht. Vor dem Gericht harren rund 50 Unterstützerinnen aus.

(felt/lai/dpa)
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