Mob von Jugendlichen griff an Gewalt gegen Polizei auf Berlins Straßen

Berlin (RPO). Im Berlin-Kreuzberg hat ein Mob von bis zu 100 Jugendlichen Polizisten angegriffen, um die Festnahme von zwei Zwölfjährigen zu verhindern. Einige Anwohner verteidigen jetzt ihr Viertel: So schlimm sei es nicht. Andere wiederum sagen, sie hätten täglich Angst. Und junge Leute schließlich erheben Vorwürfe gegen die Polizeibeamten: Sie hätten die Angriffe regelrecht provoziert.

 Die Polizei ist bis zum frühen Morgen im Einsatz geblieben.

Die Polizei ist bis zum frühen Morgen im Einsatz geblieben.

Foto: rpo/Vassilios Katsogridakis

Die Gegend rund um die Wrangelstraße, auf der es zum Tumult kam, wirkt an diesem Donnerstagmorgen wie jeder andere Kreuzberger Kiez auch. Schnell holen die Leute noch die Wäsche in der Reinigung ab, Frühstück zum Mitnehmen gibt es im kleinen Laden "Early Bird" in der Oppelner Straße. Einige machen es sich mit dem ersten Bier am Morgen vor den Kneipen bequem. Soweit ist alles friedlich.

Am Dienstagabend sah das ganz anders aus. Bis zu 100 Jugendliche ausländischer Herkunft strömten hier zusammen, nachdem Polizisten zwei Zwölfjährige festgenommen hatten. Es kam zu Handgreiflichkeiten, zwei Beamte wurden verletzt.

"Das hätte nicht passieren dürfen", sagt Murat Yüksel, der in der Wrangelstraße einen Lottoladen betreibt. Aber so wie es in den Zeitungen dargestellt werde, so sei es auch nicht gewesen. "Die Beamten sollen provoziert haben", hebt Yüksel hervor. Während des Geschehens war er von Bekannten "ständig auf dem Laufenden gehalten" worden. Die Beamten hätten den Zwölfjährigen Handschellen angelegt und sie mit ihren Gesichtern zur Wand gestellt, erzählt er. So etwas dürfe schließlich auch nicht vorkommen.

"Ein 23-Jähriger, der versucht hat, die Jungs zu befreien, soll nach der Festnahme drangsaliert worden sein", fügt Yüksel hinzu. Jetzt trage der Türke eine Halskrause.

Nicht die ausländische Herkunft der Jugendlichen sei das Problem, meint Ladenbesitzer Yüksel, sondern ihre sozialen Probleme. Die kriminellen Energien entstünden, weil sie herumlungerten und nicht gefördert würden. Anneliese Kleinschmidt vom Blumenparadies in derselben Straße versteht die aktuelle Diskussion nicht. "Ich kannte die jungen Menschen bereits, als sie noch Pampers trugen", sagt die Geschäftsfrau, die sich noch nie bedroht fühlte.

Die Mitarbeiter des hiesigen Supermarktes sehen das jedoch ganz anders. "Wir haben eigentlich jeden Tag Angst", sagt ein Verkäufer, der seinen Namen nicht nennen möchte. Wenn er die Polizei alarmiere, benötigten die Beamten stets zwischen 30 und 40 Minuten, bis sie einträfen.

Viele der Geschäftsleute, die ihre kleinen Läden im Wrangelkiez betreiben, ärgern sich über das Gerede von der entstandenen Ghettogegend. "Es passiert nicht ständig was", versichert Birgit Bast, die eine Wäscherei betreibt. "Wir leben doch nicht im Ghetto." Von Bandenkriegen habe sie noch nichts mitbekommen. Bei den jährlichen Krawallen in Kreuzberg am 1. Mai predige die Polizei das Prinzip der Deeskalation. Das hätte vielleicht auch am Dienstag geholfen.

Auch ein Verkäufer vom Shisha-Laden in der Oppelner Straße hält die Reaktionen der Medien und der Polizei für überzogen. "Es waren niemals 100 Leute dabei", betont er, der das Geschehen von weitem beobachtet hatte. Da hätten etwa 60 Jugendliche zugeschaut, aber nur fünf oder sechs seien in Konflikt mit der Polizei geraten. Das größte Problem sei, dass die jungen Menschen "nichts mit sich anzufangen wissen und auf dumme Ideen kommen".

(afp2)
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