Nervige Weihnachtsgeschenke 8 Spielsachen, die Eltern hassen (und Kinder lieben)

Düsseldorf · Viele Eltern müssen Weihnachten wieder stark sein: Statt Playmobil und Carrera-Bahn wünschen sich ihre Kinder Trendspielsachen mit hohem Nerv-Faktor. Die schlimmsten Hassobjekte im Überblick – vom Beyblade-Kreisel bis zur L.O.L-Puppe.

 Beknackter Name, quadratischer Kopf: L.O.L.-Surprise-Puppen (Archivbild).

Beknackter Name, quadratischer Kopf: L.O.L.-Surprise-Puppen (Archivbild).

Foto: Shutterstock/vladee

Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler – diesen goldenen Marketing-Satz hat der frühere RTL-Chef Helmut Thoma mal gesagt. Anders ausgedrückt: Wer erfolgreich Zeugs verkaufen will, sollte dafür sorgen, dass dieses Zeugs den Menschen gefällt, für die es gedacht ist – und nicht jemand anderem.

An diese Regel hält sich die Spielzeugindustrie besonders vorbildlich. Bei Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten führt das gerade in der Vorweihnachtszeit oft zu Augenrollen: Vieles von dem, was sich Kinder wünschen, finden Erwachsene entsetzlich. Dabei gäbe es so tolle Sachen! Warum nicht mal ein Playmobil-Piratenschiff? Oder eine Carrera-Bahn (mit der man dann selber spielen könnte)?

Liebe Erwachsene: Seid jetzt bitte stark. Die meisten Must-Haves in Kitas und auf Schulhöfen des Jahres 2022 haben nichts mehr gemein mit den Requisiten eurer eigenen Kindheit. Sie gehen euch auf den Wecker, sie beleidigen euren Sinn für Ästhetik und Nachhaltigkeit. Ihren Reiz können nur Kinder verstehen, denn für sie sind diese Produkte gemacht. Niemals hättet ihr geglaubt, dass ihr mal Geld für den Mist ausgeben würdet – aber dann tut ihr es natürlich doch, weil die Kleinen es sich so wünschen und weil es Weihnachten um die Kinder geht. Daran erinnert ihr euch, wenn sie Heiligabend ihre Geschenke auspacken. Ihr Großen dürft dann zuschauen, euch über das Kinderlachen freuen. Und natürlich dürft ihr all diese Trendspielsachen trotzdem kacke finden. Aber nur für euch und ganz im Stillen.

Zur Vorbereitung auf diese Übung in Demut haben wir die schlimmsten Hass-Spielsachen hier zusammengestellt.

Zum Rausploppen: Pop-It

Als Trendspielzeug sind Pop-Its der Nachfolger des „Fidget-Spinner“ und im Grunde genauso sinnlos: Es handelt sich um bunte Silikonmatten mit blasenartigen Ausstülpungen. In diese kann man reinpieksen und sie dadurch umklappen, wobei es „Plopp“ macht. Sind alle Blasen rausgeploppt, dreht man die Matte um, fängt von vorne an – und ja, das ist genauso spannend, wie es sich anhört. Populär wurden Pop-Its durch die Video-Plattform TikTok, seither gehören sie vor allem auf Grundschulhöfen zum Inventar. Zur Beliebtheit dürfte beitragen, dass Pop-Its gewöhnlich nur ein paar Euro kosten und damit auch für Neunjährige erschwinglich sind. Man findet sie entsprechend in der Auslage diverser Büdchen und Krimskramsläden, die das Taschengeld Ihrer Kinder gern entgegennehmen. Trotzdem tauchen Pop-Its auch immer wieder auf Wunschlisten auf, denn es gibt sie in allen möglichen Farben und Formen, und Blasen zum Ploppen kann man nie genug haben.

Pop-It (Archivbild).

Pop-It (Archivbild).

Foto: dpa/Guido Kirchner

Zum Auswickeln: L.O.L. Surprise Dolls

Auch die Püppchen mit dem übergroßen Quadratkopf und dem beknackten Namen verdanken ihre Beliebtheit den sozialen Medien. Ihre Schöpfer waren auf die große Popularität von „Unboxing“-Videos bei Youtube aufmerksam geworden: Das sind Filme, in denen Produkte wie Handys oder Spielkonsolen feierlich ausgepackt werden. Die L.O.L. Surprise ist gedacht als ultimatives „Unboxing“-Spielzeug. Die kleinen Püppchen nebst Zubehör stecken in absurd vielen Lagen Verpackungsmaterial, und natürlich ist alles einzeln eingewickelt. Wer mal ein größeres L.O.L.-Set wie die Rockband (Handelsname: „L.O.L. Surprise! O.M.G. Remix Super Surprise“) aus der Packung gepult hat, steht danach knietief in Kunststofftütchen, Kartonteilen und Knisterpapier. Wir erzählen Ihnen das, weil L.O.L.-Puppen seit einigen Jahren vor allem bei Mädchen die ganz große Nummer sind: Wer eine Tochter hat, kann ihnen kaum aus dem Weg gehen. Zusätzliche Beknacktheitspunkte gibt es für die zum Teil arg sexualisierte Aufmotzung der kindlichen Puppenkörper.

 L.O.L.-Surprise, noch in der Verpackung (Archivbild).

L.O.L.-Surprise, noch in der Verpackung (Archivbild).

Foto: Anja Wollschlaeger

Zum Abdrehen: Beyblade

Kinder messen sich gerne miteinander, umso erstrebenswerter, wenn sie es nicht persönlich tun, sondern Stellvertreter ihre Kämpfe ausfechten lassen. Das perfekte Spielzeug für diesen Zweck sind sogenannte Beyblades: Diese gehen auf eine japanische Manga-Serie gleichen Namens zurück, in der Jugendliche Kreisel gegeneinander kämpfen lassen. Kreisel, so mögen nun Großeltern und Eltern denken, wie schön, damit haben wir auch noch gespielt! Aber die Beyblades sind mehr, sie sind kleine Kampfmaschinen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Alle kommen mit einem Aufzieher daher, dem sogenannten Werfer. Der Kampfmodus wird betont mit eigenen Arenen, schüsselartigen Plastik-Wettkampfstätten, in denen die Beys antreten. Vermutlich darf man höchstens fünf Jahre alt sein, um sich alle Namen zu merken, die Fähigkeiten aufzuzählen und um tatsächlich Unterschiede im Drehverhalten zu entdecken. Für Erwachsene knallen die Kreisel nur durch die Schüssel, die wie ein Resonanzkörper wirkt, meist ist der richtige Werfer gerade eh nicht zur Hand oder beim Aufziehen fliegen die Beys Richtung Vitrine. Ohne die Arena wäre es ein Spielzeug, das sich aufgrund seiner geringen Größe gut mit in Urlaub nehmen ließe. Da aber der Trog mitmuss, fährt zuoberst im Kofferraum die Arena mit - nur praktisch, wenn die Ferienwohnung doch keine Salatschüssel hat.

 Start eines Beyblade-Kreisels in der „Arena“ (Archivbild).

Start eines Beyblade-Kreisels in der „Arena“ (Archivbild).

Foto: Shutterstock/Uliya Krakos

Zum Abgewöhnen: Barbie

Eine erwachsene Frau als Puppe – das wird nichts. Als die Barbie 1959 erstmals auf den Markt kam, waren sich Branchenexperten dessen sicher. 60 Jahre später ist die Spielfigur mit dem Dauerlächeln immer noch da und erfolgreich wie nie. Sieben Barbies besitzt jedes Mädchen angeblich im Durchschnitt, und es steht zu befürchten, dass es am 24. Dezember noch einige mehr werden. Denn natürlich wünschen sich auch Kinder im Jahr 2022 den in Kunststoff gegossenen Albtraum aller Eltern. Da können Wissenschaftler noch so oft vorrechnen, dass Barbie, wäre sie eine reale Frau mit diesen Körpermaßen, weder laufen noch ein Kind zur Welt bringen könnte. Angeblich hätten nicht mal alle ihre Organe Platz im Torso.

Es ist ja nicht so, dass sich gar nichts verändert hätte. Inzwischen gibt es Barbie in allen möglichen Varianten, die die Diversität des Lebens abbilden sollen: Barbie sitzt im Rollstuhl, arbeitet bei der Feuerwehr, ist schwarz oder asiatisch und manchmal braucht sie sogar ein Hörgerät. Am absurden Körperbild hat sich gleichwohl wenig geändert – selbst die angeblich kurvige Variante passte im wirklichen Leben wohl locker in Kleidergröße 36. Norm-hübsche Gesichter haben die Puppen ohnehin alle. Als potenziell schenkender Erwachsener kann man das seufzend hinnehmen und irgendwie hoffen, dass Fünfjährige die Vorbild-Bedeutung der Barbie nicht überbewerten. Oder man klammert sich an die Idee, dass Schöpferin Ruth Handler die Barbie einst als Alternative erfand: für die ewigen Babypuppen, mit denen Generationen von Mädchen vor allem die Mutterrolle einüben sollten.

 Barbie-Puppen (Archivbild).

Barbie-Puppen (Archivbild).

Foto: Hersteller

Zum Einsauen: Pustestifte

Schön, wenn Kinder malen – erst recht, wenn es auf Papier und nicht auf der Tapete oder auf dem Echtholztisch ist. Schön ist auch, wenn Kinder mit verschiedenen Stilen experimentieren, mit Kreiden kritzeln, mit Pinseln hantieren oder ihre Finger benutzen. Was sich vielen Erwachsenen nicht erschließt, sind Pustestifte. Da wird mit der Atemluft Farbe durch eine Düse geblasen, natürlich technisch so, dass Kinder keine Farbe in den Mund bekommen. Der Effekt wird als Air-Brush oder Graffiti beschrieben, empfohlen werden die Stifte ab fünf Jahren, und wer schon mal mit einem Fünfjährigen, einem Strohhalm und einer großen Fanta in einem Restaurant gesessen hat, hält das nicht zwangsläufig für eine gute Idee. Die Fähigkeit, den Druck auf die Farbe richtig zu dosieren, ist nicht angeboren, also ist die Gefahr groß, dass etwas schiefgeht. Eigentlich nicht schlimm, das ist beim Malen öfter so. Dumm nur, wenn Blau, Grün und Gelb relativ unkontrolliert durch die Gegend schießen. Da hilft nur, das Wohnzimmer oder die Küche großflächig abzuhängen oder abzukleben. Dann kann man mit den kleinen Pustemalern auch mal über Größen wie Christo reden.

Kindergartenkinder mit Pustestiften (Archivbild).

Kindergartenkinder mit Pustestiften (Archivbild).

Foto: Shutterstock/Iammotos

Zum Abschießen: Nerf-Pistolen

Bis in die 90er-Jahre war es ja als Kind noch relativ normal, mit Modellpanzern, Maschinenpistolen oder Armeen aus kleinen Plastiksoldaten zu spielen. Diese Zeiten sind vorbei: Kriegsspielzeug, darauf können sich die meisten Eltern einigen, geht gar nicht. Eine Waffe allerdings hat sich in die Kinderzimmer des 21. Jahrhunderts herüberretten können: Es sind die Dartblaster der Marke Nerf, mit denen man kleine Schaumstoffpfeile verschießt. Von der Pistole über das Scharfschützengewehr mit Zielfernrohr bis hin zur Halbautomatik-Minigun ist alles erhältlich, was beim Feuergefecht im Kinderzimmer nützlich sein könnte. Eltern kommt die Aufgabe zu, sich von ihren pazifistischen Idealen zu verabschieden („Niemals auf Menschen zielen, Jeremy-Pascal!“) und ansonsten jeden Tag verlorengegangene Schaumstoffpfeile zu suchen (Tipp: mal hinterm Heizkörper nachsehen).

 Nerf-Dartblaster im Einsatz (Archivbild).

Nerf-Dartblaster im Einsatz (Archivbild).

Foto: Shutterstock/8H

Zum Bekämpfen: Lego-Ninjago

Noch ein Hintertürchen, um Kriegsspielzeug salonfähig zu machen: Man muss um ein Spielzeug-Imperium aus Säbeln und Schwertern nur eine ganze Saga herumbauen, schon fällt die martialische Grundstimmung weniger auf. Kameradschaft, Wahrheit und Ehre: Was vor hundert Jahren schon funktioniert hat, kann im 21. Jahrhundert immer noch Geld in die Kasse spülen, dachte sich Lego – und erfand „Ninjago“, eine Animationsserie, die nur dazu dient, eine Produktreihe zu verkaufen.

Selten kam Spielzeug mit einer derart komplizierten Background-Story daher. Druckt man den entsprechenden Wikipedia-Artikel aus, kommt man auf 19 (!) Seiten. Grob umrissen dreht sich die Handlung um eine Truppe Ninjas, die ihre Heimat Ninjago mit Schwertern, Sensen oder Nunchakus gegen Schlangenmenschen und andere Monster verteidigen muss. Zum Nachspielen gibt es natürlich die Ninja-Figuren, aber auch Fahrzeuge, Düsenjets oder Kampfroboter. Das alles können Eltern, Tanten und Onkel jetzt bescheuert finden und sich über die verherrlichte (Waffen-)Gewalt und die stereotypische Aufteilung der Welt in Gut und Böse aufregen. Oder sie können sich darüber freuen, dass sich die Kinder endlich, endlich Lego wünschen – also das, womit die Großen selbst am liebsten spielen wollen (abgesehen von Barbies natürlich).

Ninjago-Figur (Archivbild).

Ninjago-Figur (Archivbild).

Foto: Shutterstock/igra.design

Zum Einsammeln: Bügelperlen

Bügelperlen sind kleine, bunte Plastikstückchen, mit denen sich auf speziellen Vorlagen Katzenköpfe, Herzen oder Blumen legen lassen. Mit der Hitze eines Bügeleisens verbinden sich die Perlen und werden zu einem kleinen Kunstwerk für die halbe Ewigkeit. Das hört sich gut an, und gewiss haben Bügelperlen schon manchen Regennachmittag gerettet.

Sehr viele Bügelperlen (Archivbild).

Sehr viele Bügelperlen (Archivbild).

Foto: Shutterstock/kariphoto
 QR-Code digitale Sonntagszeitung

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Foto: RP

Aber wie viele Flüche wurden schon ausgestoßen, weil jemand das Schüsselchen mit den Perlen umstieß und alle über den Boden krochen, um sie wieder einzusammeln – erst recht, wenn noch kleinere Menschen als die Bügelperlen-Fraktion oder Tiere im Haushalt leben? Das Risiko, dass eine Bügelperle eingeatmet oder in der Nase stecken bleibt, ist nicht so klein. Wie viele Tränen wurden vergossen, weil jemand aus Versehen gegen die Vorlage stieß und die geduldige Arbeit von Stunden dahin war? Wie viele Bügeleisen wurden versaut, weil sie zu heiß eingestellt waren oder die Schutzfolie versagte? Und wie viele Tonnen Bügelperlen lagern in deutschen Schränken und Kellern, weil der Nachwuchs just den Spaß daran verlor, als der große Eimer gerade gekauft worden war? Aber wenn die Kinder eigene Kinder haben, kann man ihnen das Kilo Perlen einfach wieder mitgeben. Hält sich doch ewig.

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