Germanwings-Coplit Andreas L. Fluch und Segen der Schweigepflicht

Meinung | Düsseldorf · Der Fall der Germanwings-Copiloten Andreas L. wirft zahlreiche Fragen auf. Eine davon: Ist es richtig, dass Ärzte immer schweigen? Fest steht: Auch etwas eigentlich Selbstverständliches muss in Extremfällen in Frage gestellt werden.

 Germanwings-Coplit Andreas L. galt längere Zeit als suizidgefährdet.

Germanwings-Coplit Andreas L. galt längere Zeit als suizidgefährdet.

Foto: ap

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die ärztliche Schweigepflicht muss in ihrer bestehenden Form erhalten bleiben. Dennoch ist die aktuelle Debatte um dieses hohe ärztliche Gut berechtigt. Der Absturz des Germanwings-Flugzeugs und seine Hintergründe gehen über das bisher Vorstellbare hinaus. Angesichts dieser Dramatik erscheint es nur folgerichtig, auch Selbstverständliches in Frage stellen zu dürfen.

Die Ärzte sollten die Debatte zum Anlass nehmen, sich neu zu vergegenwärtigen, was ihre Schweigepflicht ausmacht. Sie ist eine doppelte Pflicht: In den allermeisten Fällen zwingt sie die Ärzte unter Strafandrohung, den Patienten die Informationshoheit über Krankheiten, intime Geständnisse und Diagnosen zu überlassen. In wenigen Ausnahmefällen stehen die Mediziner vor der schwierigen Entscheidung, ob das Gehörte und Diagnostizierte so schwer wiegt, dass die Schweigepflicht nicht mehr gilt.

Das kann bei Kindesmissbrauch, bei Alkoholsucht eines Busfahrers oder auch bei schweren Infektionskrankheiten der Fall sein. Insbesondere dann, wenn der Patient in die Gefährdung, die von ihm ausgeht, keine Einsicht zeigt. Ob ein solcher Fall auch bei Andreas L. vorlag, muss noch aufgeklärt werden.

(RP)
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