Urteil gefällt Geldstrafen im Transrapid-Prozess

Osnabrück (RPO). Rund 20 Monate nach dem schweren Transrapid-Unglück im emsländischen Lathen sind die beiden angeklagten Betriebsräte wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt worden.

2006: Schwerer Transrapid-Unfall bei Lathen
62 Bilder

2006: Schwerer Transrapid-Unfall bei Lathen

62 Bilder

Der frühere Betriebsleiter Günter S. soll 24.000 Euro Strafe zahlen, sein Nachfolger Jörg M. 20.000 Euro. Das Gericht sah es im ersten Prozess zu der Katastrophe mit 23 Toten als erwiesen an, dass beide Angeklagten für die Organisationsmängel auf der Teststrecke verantwortlich waren, die am 22. September 2006 zu dem Unfall führten. Die Verteidigung kündigte Revision an.

Mit dem Urteil folgte das Landgericht am Freitag den Strafmaß-Forderungen der Staatsanwaltschaft. Der Vorsitzende Richter Dieter Temming begründete den Schuldspruch damit, dass die Angeklagten für das "lückenhafte Sicherheitskonzept" auf der Teststrecke verantwortlich gewesen seien. Sie hätten sämtliche Fahrdienstleiter anweisen müssen, die Fahrwegsperre bei einer Streckenbelegung durch Werkstattwagen zu aktivieren. Dies sei vom Hersteller Siemens so vorgeschrieben gewesen und hätte deshalb auch in Lathen "zwingend Vorschrift" sein müssen, sagte Temming.

Dass dem nicht so gewesen ist, sei ein "Sorgfaltspflichtverstoß" der Angeklagten, erläuterte Temming. Die Formulierungen in den Arbeitsanweisungen der Teststrecke seien "windelweich" gewesen. Die bei Rangiermanövern mit Werkstattwagen zwar bekannten, aber von den beiden Betriebsleitern nicht erkannten Risiken hätten in diese Arbeitsanweisungen einfließen müssen.

Bei dem Unglück kamen 23 Menschen ums Leben, elf weitere wurden zum Teil schwer verletzt, als der Test-Transrapid mit 170 Stundenkilometern in einen auf der Strecke abgestellten tonnenschweren Werkstattwagen raste. Mit einer aktivierten Fahrwegsperre hätte sich das Unglück nach Einschätzung von Gutachtern verhindern lassen.

Die Verurteilten müssen neben ihren Geldstrafen noch die Verfahrenskosten tragen. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert, die Anwälte der Nebenkläger auf Freiheitsstrafen zur Bewährung. Nebenkläger-Anwalt Burkhard Remmers sprach dennoch von einem "angemessenen Urteil". Es sei allerdings "schwer vermittelbar", weshalb der - nach Ansicht der Staatsanwaltschaft - für das tödliche Unglück hauptverantwortliche Fahrdienstleiter Günther M. weiter an der Teststrecke arbeiten könne, gleichzeitig jedoch als nicht verhandlungsfähig gelte.

Das Verfahren gegen Günther M., der den Transrapid auf seine verhängnisvolle Fahrt schickte, war vorübergehend ausgesetzt worden. Er gilt als suizidgefährdet und nicht verhandlungsfähig.

Oberstaatsanwalt Hubert Feldkamp kündigte an, die Schuld des stellvertretenden Betriebsleiters, des zweiten Fahrdienstleiters und des für die Betriebsleittechnik zuständigen Teststrecken-Mitarbeiters erneut prüfen zu wollen.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort