Magdeburg Freispruch für Ärzte im Sterbehilfeprozess

Magdeburg (RPO). Freispruch für Mobbingopfer: Zwei wegen Sterbehilfe angeklagte Magdeburger Ärzte sind wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden. Das Landgericht Magdeburg sah es am Montag als erwiesen an, dass sich der ehemalige Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Magdeburg, Paul Walter S., und der Stationsarzt Frantisek K. im Zusammenhang mit dem Tod eines schwerstverletzten 26-Jährigen im Jahr 2004 korrekt verhalten hatten.

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Foto: ddp

Die an der Klinik herrschende "Atmosphäre von Missgunst und Mobbing" habe die anonyme Anzeige des damaligen Stellvertreters des einen Angeklagten als Auslöser des Verfahrens überhaupt erst möglich gemacht, erklärte Richterin Claudia Methling. Ins Wanken gebracht worden waren die Vorwürfe bereits am vorletzten Verhandlungstag, als sich das Gutachten, auf das die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gestützt hatte, als fehlerhaft erwiesen hatte und vom Gericht als nicht verwertbar erklärt worden war. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft am Montag ebenso wie die Verteidigung auf Freispruch plädiert.

"Sie wurden unschuldig angeklagt"

Oberstaatsanwalt Sebastian Staufenbiel entschuldigte sich bei den Angeklagten: "Sie sind unschuldig, Sie wurden auch unschuldig angeklagt, und ich schulde Ihnen die Feststellung, dass Sie ehrenvolle, verdiente Ärzte sind." Staufenbiel sprach in seinem Plädoyer von einem außergewöhnlichen Fall, der damit begann, dass sich Chefarzt S. selbst anzeigte. Später stellte sich heraus, dass er nach dem anonymen Hinweis durch seinen Stellvertreter an die Leitung der Klinik dazu gedrängt worden war.

Die Verteidiger der beiden Angeklagten wiesen in ihren Plädoyers auf Fehler nicht nur des Gutachters, sondern auch der Staatsanwaltschaft hin und sprachen von einer Kette von Fehlleistungen, die schließlich zur Eröffnung des Verfahrens geführt hätten. Bereits im August 2008 habe die Verteidigung nachgewiesen, dass der Sterbeprozess des Timothy S. bereits eingesetzt und auch sein Wille zum Sterben vorgelegen habe. Insofern habe erlaubte Sterbebegleitung vorgelegen. Die beiden Ärzte hätten durch das Vorgehen der Justiz mit persönlichen Nachteilen, S. mit dem Verlust seiner Arbeitsstelle und beruflicher Reputation erlitten.

Urteil rechtskräftig

Das Gericht folgte den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und erklärte, die beiden wegen Totschlags beziehungsweise Beihilfe dazu und Körperverletzung angeklagten Ärzte hätten lediglich medizinische Maßnahmen abgebrochen, die den bereits eingesetzten Sterbeprozess des jungen Mannes verlängert hätten. Außerdem habe der Angeklagte vor dem Behandlungsabbruch über die Eltern den vermeintlichen Willen des Patienten eingeholt.

Die Staatsanwaltschaft verzichtet nach eigenen Angaben auf Rechtsmittel. Somit ist das Urteil rechtskräftig.

Im Prozess wurde noch einmal ausführlich das Leiden des todkranken Patienten beleuchtet, der nach einem Verkehrsunfall und erfolgloser Rehabilitation in Großbritannien nach Magdeburg verlegt worden war. Der Gesundheitszustand des 28-jährigen Timothy S. verschlechterte sich jedoch weiter. Im November 2003 fiel er ins Koma. Im Mai 2004 schaltete der Bruder des Patienten mit dem Einverständnis des Chefarztes die Beatmung ab. Stationsarzt K. hatte dem Patienten zuvor starke Schmerz- und Beruhigungsmittel gespritzt. Das Landgericht Magdeburg eröffnete im Herbst 2008 die Hauptverhandlung.

(AP)
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