Analyse Frau als Priester - eine Pfingstdebatte

Rom · Papst Johannes Paul II. erklärte vor 20 Jahren zu Pfingsten, dass die Ordination von Frauen in der römisch-katholischen Kirche unmöglich bleibe. Die Diskussion darüber ist bis heute nicht verstummt.

Analyse: Frau als Priester - eine Pfingstdebatte
Foto: dpa

Für Johannes Paul II. sollte das Schreiben der Schlussstrich unter einem leidigen Thema sein. Ein unmissverständlicher noch dazu. So erklärte der Papst kraft seines Amtes, "dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben". Genau 20 Jahre ist es nun her, dass mit dem Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" (lateinisch für Priesterweihe) die auch gesellschaftlich geführte Debatte um die Frauenordination ein Ende finden sollte.

Der Veröffentlichungstermin zu Pfingsten war mit theologischem Bedacht gewählt. So gilt das Hochfest auch als der "Geburtstag der Kirche": Am 50. Tag nach Ostern empfingen die Jünger den Heiligen Geist und wurden befähigt, andere Sprachen zu sprechen und auch zu verstehen.

Doch trotz päpstlicher Verfügung und symbolischer Terminierung zu Pfingsten schien man sich in Rom noch nicht ganz sicher zu sein, welche Durchsetzungskraft dem Schreiben zuzutrauen war. Und so meldete sich schon ein gutes Jahr später in gleicher Sache die Glaubenskongregation unter dem damaligen Präfekten Joseph Ratzinger zu Wort, die es als "eine endgültig zu haltende Lehre" bezeichnete, dass die Kirche nicht die Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden.

Der Hinweis fehlender Vollmacht ist bis heute wichtig, da weder Papst noch Kongregation für sich in Anspruch nehmen, die Entscheidung herbeigeführt zu haben. Vielmehr ist dieser Formulierung zu entnehmen, dass die Kirche in zentralen Glaubensfragen gar nicht frei und nach eigener Auslegung darüber verfügen kann. Weil es stets nur darum geht, eine Wahrheit, die der Plan Gottes vorgibt, erstens zu erkennen und zweitens zu befolgen. "Es ist nicht so, dass wir sagen: Wir mögen nicht, sondern wir können nicht", erklärte Papst Benedikt XVI. noch zu Zeiten seines Amtes.

Das macht einen auch theologisch geführten Diskurs äußerst schwierig und zudem ungemein langwierig. Dass seitdem dennoch über Frauenordination gesprochen und in Maßen diskutiert wird, zeigt die Reformrelevanz dieses Themas. Der prominenteste Einspruch war zuletzt das Memorandum namhafter deutscher Theologieprofessoren, die vor drei Jahren ihre Kirche dazu aufriefen, "aus verknöcherten Strukturen" auszuziehen und die "ängstliche Abschottung von der Gesellschaft" abzulegen. Das kirchliche Amt müsse dem Leben der Gemeinde dienen, nicht umgekehrt, hieß es damals. Und in diesem Zusammenhang: "Die Kirche braucht auch verheiratete Priester und Frauen im kirchlichen Amt." Dazu ließ der frühere Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, verlauten: "Wo leben die denn?"

Eine vergleichsweise offene Auseinandersetzung über die Priesterweihe für Frauen ist nicht allein wegen der Suche nach Gottes Wahrheit schwer durchführbar. Auch sind die Argumente der Gegner wie auch der Befürworter längst und ausgiebig vorgebracht. Ohnehin gibt das Neue Testament zu dieser Frage nicht allzu üppig Auskunft, so dass dieses Feld exegetisch schnell abgeerntet ist.

Im Mittelpunkt stehen dabei die von Jesus berufenen zwölf Apostel, die am letzten Abendmahl teilnahmen, eine Art Berufung ins Priestertum erfuhren und allesamt Männer waren. Die Priester und Bischöfe in der römisch-katholischen Kirche sehen sich und ihr Amt in der apostolischen Nachfolge. Dass in der Heiligen Schrift Maria von Magdala einzige Zeugin der Auferstehung Jesu war und "Apostelin der Apostel" genannt wird, bleibt unberücksichtigt.

Allerdings herrscht in der Bibelwissenschaft seit Längerem die Überzeugung, dass es sich bei der Wahl der Apostel keineswegs um eine Frage des Geschlechts handelte. Vielmehr sollen die berufenen Apostel die zwölf Stämme Israels symbolisieren und bedeuten, dass die Sendung Jesu ans ganze Volk Israel gerichtet ist. Und eine solche Repräsentanz konnten nach der gesellschaftlichen Lebenspraxis dieser Zeit ausschließlich Männer wahrnehmen.

Im Mittelpunkt der Kritiker an der bisherigen Lehre aber steht die Teilhabe aller Getauften am Priestertum, wie es im ersten Petrusbrief heißt. Für viele ist die Taufe der grundlegende Akt für die Gleichberechtigung der Frauen, alle Dienste der Kirche wahrzunehmen

Die Frage nach der Priesterweihe für Frauen wurde zuletzt kaum noch direkt gestellt. Sie gelangt aber immer wieder über Seitenwege an die Öffentlichkeit. Über die Frage nach der Beteiligung an Leitungsfunktionen in der Kirche etwa. Und darüber, ob es denkbar wäre, Frauen als Diakoninnen zu beauftragen. Das ist noch keine Auseinandersetzung über die Ausgangsfrage; aber es können erste Schritte eines Lern- und vielleicht auch Wandlungsprozesses sein. Auf Dauer werde Geschlechtergerechtigkeit zu einer Frage der Glaubwürdigkeit für die Kirche, so die Theologin Margareta Gruber.

Nicht nur die katholische Welt horchte auf, als Papst Franziskus kürzlich verlauten ließ, dass die Kirche nicht sie selbst sein könne ohne Frauen und deren Rolle. "Die Frau ist für die Kirche unabdingbar", sagte er. Eine Diskussion ist damit noch nicht angestoßen; doch kann man den Eindruck gewinnen, als ob es in der Frage der Frauenordination künftig zumindest keine Denkverbote geben könnte. Auch für die außerordentliche Bischofssynode im Herbst erwarten viele erhellende Worte zum Rollenverständnis der Frau, dass somit das Evangelium nicht nur als frohe, sondern auch als befreiende Botschaft ausgelegt wird.

Wie weit der Weg dorthin noch sein dürfte, wird in den Worten des Bamberger Dogmatik-Professors Georg Kraus deutlich: "Im Hinblick auf die Frauenordination brauchen wir in der Kirche ein neues Pfingsten."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort