Auch die Entwicklungsländer holen auf Fleischkonsum weltweit auf Rekordhoch

Düsseldorf · Noch nie wurde so viel Fleisch verzehrt wie im vergangenen Jahr. Besonders in Entwicklungsländern wird immer mehr Fleisch gegessen. Das hat Folgen für die Umwelt: Die Produktion eines Kilos Rind erfordert rund 15.500 Liter Wasser.

Schinken auf dem Brötchen, Schnitzel in der Kantine, Steak im Restaurant — 85 Prozent der Deutschen essen täglich Fleisch. An den Regenwald denkt währenddessen kaum einer. Dabei ist ein Fünftel des Amazonaswaldes bereits zerstört und nach dem Verkauf des Holzes zu 70 Prozent durch Rinderweiden ersetzt worden. So steht es im "Fleischatlas", herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz und der Zeitung "Le Monde diplomatique".

Demnach ist Brasilien eines der Länder, das am meisten Fleisch produziert, neben den USA und Kanada, Argentinien und Australien sowie der Europäischen Union (EU). Dort sind die Bedingungen für massenhafte Fleischproduktion am besten. Dank der günstigen Infrastruktur können kontinuierlich große Mengen ausgeliefert sowie günstig Futtermittel gekauft werden.

Zudem werden im Vergleich geringe Löhne an die Beschäftigten gezahlt, und die Tiergesundheits- und Hygienestandards entsprechen denen der Handelspartner. Die Einwohner dieser Länder konsumieren selbst viel Fleisch. Schwein ist am beliebtesten, trotz des Verzichts in der muslimischen und jüdischen Bevölkerung. Geflügel ist am günstigsten und darum besonders in Afrika und Asien sehr populär. Rind ist am teuersten und somit meist Einwohnern von Industrienationen vorbehalten.

Weltweit lag der tägliche Fleischkonsum im vergangenen Jahr nach Angaben der Welternährungsorganisation im Durchschnitt bei etwa 116 Gramm. Das ist ein Rekord. Während jeder US-Amerikaner täglich 196 Gramm Fleisch zu sich nimmt, sind es in Indien zwischen zehn und 15 Gramm — und das nicht nur aus religiösen Gründen. Fleisch ist für viele Menschen in Afrika und Asien immer noch unerschwinglich, auch wenn der Fleischverbrauch stetig steigt. Große Portionen sollen zeigen: Seht her, ich kann es mir leisten.

Außerhalb der EU war der Pro-Kopf-Verbrauch an Schweinefleisch nirgendwo so hoch wie in China. Da einheimische Züchter die Nachfrage nicht mehr bedienen können, plant Shuanghui, der größte chinesische Fleischverarbeiter, die Übernahme des US-Unternehmens Smithfield, des weltgrößten Schweinefleisch-Erzeugers. Mit 3,66 Milliarden Euro wäre es die größte chinesische Investition in den USA. Das Fleisch wird dann massenhaft über den Pazifik verschifft.

Der globale Fleischmarkt ist riesig. Es geht nicht nur um das Endprodukt, sondern auch um das Futter für die Tiere. Die meisten landwirtschaftlichen Flächen weltweit werden für die Fleischproduktion genutzt, heißt es im "Fleischatlas". Die meisten Tiere würden nicht auf Weiden grasen, sondern in Lagern darauf warten, dass sie gefüttert würden. Und dazu braucht man viel und günstiges Futter.

China und die EU führen die Liste der Soja-Importeure mit deutlichem Abstand an. Die USA, Brasilien und Argentinien teilen 90 Prozent des weltweiten Handels der Bohne unter sich auf. Etwa vier Fünftel der Pflanze, die besonders eiweißreich ist, wird als Mehl an Tiere verfüttert.

Ein Problem: Das Wasser

Genauso wenig wie man beim Schinken, Schnitzel oder Steak an die Abholzung des Regenwaldes denkt, genauso wenig denkt man an die Auswirkungen des Fleischkonsums auf das Klima. Niemand kann den Schaden zuverlässig beziffern, doch allein was den Sauerstoffmangel der Weltmeere durch überdüngte Abwässer angeht, sind nach Angaben des US-Meereskundlers Peter Thomas 250 000 Quadratkilometer Küstengewässer in bestimmten Jahreszeiten betroffen — eine Fläche, die mehr als doppelt so groß ist wie Österreich und die Schweiz zusammen.

Ohnehin muss man sich Sorgen um das Wasser machen, wenn der Konsum wie in den vergangenen Jahrzehnten ansteigt. In jedem Kilo Rindfleisch stecken nicht nur 6,5 Kilo Getreide und 36 Kilo Raufutter, sondern von der Geburt des Tieres bis zu dem Tag, an dem es auf dem Teller landet, 15 500 Liter Wasser, wie die Naturschutzorganisation WWF errechnet hat. Für ein Kilo Schweinefleisch sind es 10 000 Liter.

Darum sei es, so die Verbraucherschützer von Foodwatch, wünschenswert, dass der Anstieg des weltweiten Fleischkonsum gestoppt werde. Wie das klappen könnte? "Indem Fleisch zwangsläufig wieder teurer wird, wenn Landwirte, die Umweltschäden für die Produktion in Kauf nehmen, für diese am Ende auch zahlen müssten", sagt ein Sprecher.

(RP)
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