Fall Peggy Knobloch Opferanwalt sieht kaum Auswirkungen auf NSU-Prozess

Bayreuth/München · Der brisante DNA-Treffer am Fundort der getöteten Schülerin Peggy hat die Ermittler elektrisiert. Das Ganze ist auch für den Bundesinnenminister "unfassbar". Große Auswirkungen auf den Münchner NSU-Prozess sieht ein Opferanwalt aber nicht.

 Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass am Fundort der Skelettteile der verschollenen Peggy aus Oberfranken Genmaterial des mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt entdeckt worden war.

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass am Fundort der Skelettteile der verschollenen Peggy aus Oberfranken Genmaterial des mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt entdeckt worden war.

Foto: dpa, ebe fpt sja jai

Der brisante Fund von DNA-Spuren Uwe Böhnhardts am Fundort der Leiche der kleinen Peggy wird den Münchner Prozess um die NSU-Mordserie nach Ansicht eines Opferanwalts nur wenig beeinflussen. "Ich glaube nicht, dass die neuen Entwicklungen insgesamt eine große Auswirkung auf das Verfahren haben", sagte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler dem "Münchner Merkur".

"Wir werden auf jeden Fall Frau Zschäpe fragen, welche Kenntnisse sie hatte"

Man werde prüfen, "ob wir Beweisanträge stellen", bekräftigte Daimagüler, der ein Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess ist. Seit fast dreieinhalb Jahren steht die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe wegen der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" vor dem Münchner Oberlandesgericht. "Wir werden auf jeden Fall Frau Zschäpe fragen, welche Kenntnisse sie hatte", sagte Daimagüler.

Der aus Thüringen stammende Rechtsextremist Böhnhardt soll mit seinem mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos jahrelang unerkannt gemordet haben — hauptsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven. Mundlos und Böhnhardt töteten sich laut Ermittlern im Herbst 2011 nach einem Banküberfall, um einer Festnahme zu entgehen. Zschäpe stellte sich der Polizei.

Die damals neunjährige Peggy war 2001 im oberfränkischen Lichtenberg verschwunden. Erst im Juli waren Skelettteile von ihr in einem Wald im benachbarten Thüringen entdeckt worden.

Sonderkommission soll am Montag Ermittlungen zu ungeklärten Fällen von Kindstötungen aufnehmen

Der Fund der DNA-Spuren hatte auch bei Politikern Entsetzen ausgelöst. "Unfassbar" nannte es Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), dass einer der NSU-Terroristen möglicherweise auch Peggys Mörder sein könnte. "Zunächst will man das nicht glauben, dass da ein Zusammenhang bestehen kann", sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Es wäre schrecklich, wenn es der Fall wäre.

Eine Sonderkommission der Thüringer Polizei soll an diesem Montag erneute Ermittlungen zu ungeklärten Fällen von Kindstötungen in Thüringen aufnehmen. "Jetzt müssen sämtliche DNA-Spuren der Fälle von vermissten und getöteten Kindern in der Region mit den Spuren der NSU-Täter verglichen werden", sagte auch die Innenexpertin der Linken-Fraktion im Bundestag, Martina Renner, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Grünen im bayerischen Landtag verlangten von Bayerns Staatsregierung detaillierte Auskunft — auch über mögliche Neonazi-Treffpunkte in der Nähe von Peggys Wohnort.

Die Rechtsmedizin der Universität Jena in Thüringen schloss eine zufällige Übertragung der DNA Böhnhardts auf die Spurenträger am Fundort der Leiche Peggys am eigenen Institut aus. Nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Bayreuth muss aber weiter geprüft werden, ob der DNA-Treffer möglicherweise durch eine Verunreinigung ausgelöst wurde.

(gol/dpa)
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