Nach dem Fall Claus-Brunner Männer stalken Männer - kein ungewöhnlicher Vorfall

Berlin · Dass Männer Männer stalken - so wie möglicherweise im Fall des Piraten-Politikers Gerwald Claus-Brunner - ist aus Expertensicht nicht ungewöhnlich. Die Vorfälle werden nur nicht so oft publik.

"Das kommt überall vor", sagte Wolf Ortiz-Müller, Leiter der Beratungsstelle Stop Stalking für Opfer und Täter in Berlin, der Deutschen Presse-Agentur. 80 Prozent der Opfer, die sich melden, sind demnach Frauen. Dass weniger Männer zur Beratung kommen, liegt laut Ortiz-Müller daran, dass sie seltener von Stalking betroffen sind und sich selbst dann weniger als Opfer zeigen mögen. Frauen reden demnach eher darüber als Männer. "Die Verarbeitungsweise ist anders."

Stalking bedeutet im Englischen "anpirschen" und bezeichnet das unerlaubte Nachstellen eines Menschen. Ein Stalker verfolgt, belästigt oder bedroht sein Opfer, etwa durch Briefe, Anrufe, beharrliches Auflauern oder Nachspionieren.

Tausende Deutsche werden jährlich gestalkt - aber nur die wenigsten Täter werden zur Rechenschaft gezogen. Betroffene sollen einen besseren Schutz bekommen. Im Sommer hat das Bundeskabinett über einen Gesetzesentwurf entschieden. Das Gesetz ist aber noch nicht in Kraft.

Neues Gesetz soll Opfern helfen

Bislang muss man nachweisen, dass die Lebensgestaltung durch das Stalking schwerwiegend beeinträchtig ist. Das heißt: Das Opfer musste den Arbeitsplatz oder den Wohnort wechseln. "Das ist eine hohe Hürde, an der die meisten Strafverfahren gescheitert sind", sagte Ortiz-Müller.

Das neue Gesetz sieht vor, dass Nachstellungen nicht länger schwerwiegende Beeinträchtigungen des Lebens verursacht haben müssen. "Stalking soll künftig auch dann strafbar sein, wenn das Opfer dem Druck nicht nachgibt und sein Leben nicht ändert", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) dazu.

Der Piraten-Politiker Claus-Brunner soll vor seinem Suizid einen 29 Jahre alten Mann getötet haben. Die beiden Leichen waren am Montag in einer Wohnung in Berlin-Steglitz entdeckt worden. Zuvor soll Claus-Brunner sein Opfer verfolgt und belästigt haben, der Mann soll Anzeige erstattet haben.

Zu diesem konkreten Fall äußerte sich Ortiz-Müller nicht. Ein tödliches Ende von Stalking sei generell "sehr selten". Allerdings stelle sich bei recht vielen Morden und anderen Tötungsdelikten an Ex-Partnern hinterher heraus, dass es eine Stalking-Vorgeschichte gegeben habe.

Ortiz-Müller rät Opfern, Strafanzeige nach dem Nachstellungsgesetz zu stellen und sich parallel auf das Gewaltschutzgesetz zu berufen - damit könne man beispielsweise eine Kontaktsperre erwirken.

(felt/dpa)
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