Gewitter stören Rekordversuch Extremschwimmer will Bodensee längs durchqueren

Er schwimmt und schwimmt und schwimmt: Gut gelaunt und mit einer dicken Schicht Vaseline auf dem Körper ist der Stuttgarter Extremschwimmer Bruno Dobelmann am Montag zu dem Versuch aufgebrochen, den Bodensee längs zu durchqueren. Der 53-Jährige will 64 Kilometer in 24 Stunden im durchschnittlich 13 Grad kaltem Wasser schwimmen - ohne Pause und ohne Neopren-Anzug.

"Mein Testament habe ich hinterlegt", scherzte er, kurz bevor er im Strandbad in Bodmann (Kreis Konstanz) ins Wasser stieg. Gut sechs Stunden später hatte Dobelmann ein Viertel der Strecke durchkrault und war auf der Höhe von Uhldingen-Mühlhofen angelangt.

Gewitter über dem Bodensee

Allerdings machte ihm das schlechte Wetter zu schaffen. Ein schweres Gewitter zog über den Bodensee mit starkem Regen und Blitz und Donner - und es sollen weitere folgen, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilte. Wegen der knapp 50 Zentimeter hohen Wellen habe Dobelmann die Schlagzahl zwischendurch reduzieren müssen, sagte sein Manager Oliver Halder der dpa.

Das Wetter könnte dem Rekordjäger mit dem Spitznamen "Orca" noch einen Strich durch die Rechnung machen. Sollte ein Gewitter direkt über dem Schwimmer aufziehen, müsste er wegen der Blitzgefahr wohl aufgeben, erklärte Halder. Noch dazu sinkt die Wassertemperatur bei Starkregen. Aber der Schwimmer ließ sich nicht beirren: "Das Ein-Mann-Atomkraftwerk arbeitet", berichtete sein Manager. Es soll weitergehen - an Meersburg, Friedrichshafen und Lindau vorbei Richtung Bregenz. Dort will er am Dienstag gegen 14 Uhr ankommen.

Arzt begleitet den Schwimmer

Der Extremschwimmer ist nach eigenen Angaben der erste, der sich ohne den schützenden Neoprenanzug an die Strecke wagt. Begleitet wird er bei dem Versuch von dem Mediziner Beat Knechtle aus dem schweizerischen St. Gallen, der die Auswirkungen der Temperaturen auf Dobelmanns Körper messen will. Dafür trägt der Schwimmer Sensoren an Bein, Arm und im Po, die Aufschluss über die Reaktion des Körpers bei einer solchen Belastung geben sollen. An der Kälte werde die Aktion nicht scheitern, sagt Knechtle.

Andere Mediziner sehen den Versuch kritischer. "Das Problem ist, dass dem Körper im Wasser deutlich mehr Wärme entzogen wird als an Land und in der Luft", sagte Andreas Nieß vom Sportmedizinischen Institut der Universität Tübingen. Die Muskulatur müsse daher für eine ausreichende Wärmeproduktion sorgen - wenn das nicht geschehe, könne es riskant werden. "Im Wasser kann bereits eine leichte Unterkühlung mit Kerntemperaturwerten zwischen 32 - 35 Grad eine Gefahr darstellen", sagte Nieß. Jede Störung der Schwimmfähigkeit berge ein Ertrinkungsrisiko in sich.

Dobelmann dagegen fürchtet sich nicht vor der Kälte: "Eine halbe Stunde, dann hat sich der Körper an die Wassertemperatur gewöhnt", sagte er vor der Aktion. Sorgen machte dem Extremschwimmer jedoch die Wettervorhersage.

Pausen darf Dobelmann während der Aktion nicht machen, auch sein Essen - hoch dosiertes Kohlenhydrat-Gel - muss er während des Schwimmens einnehmen. Fünf Kilometer vor Bregenz wolle er sich dann aber noch im Wasser etwas Gutes gönnen, sagte er: ein alkoholfreies Weizenbier.

Schwimm-Rekorde

Insgesamt 2671 mal haben Schwimmer bereits den Ärmelkanal durchquert. Roger Allsopp schafft es im August 2011 mit 70 Jahren als bislang ältester Mensch. Für die rund 40 Kilometer zwischen Großbritannien und Frankreich braucht der Arzt im Ruhestand 17 Stunden und 51 Minuten.

Im Oktober 2010 schwimmt der 51 Jahre alte armamputierte Franzose Thierry Corbalan 15 Kilometer von seiner Heimat Korsika zur italienischen Nachbarinsel Sardinien - und zurück. Als Hilfsmittel nutzt er eine sogenannte Monoflosse. Diese wird von einigen Tauchern verwendet.

Als erster Mensch schwimmt der spanische Extremsportler David Meca im Januar 2006 die 110 Kilometer lange Strecke vom spanischen Festland zur Balearen-Insel Ibiza. Nach 25,5 Stunden erreicht er mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Ziel. Er bringt kein Wort über die Lippen und wird sofort ins Krankenhaus gebracht.

Im Juni 1998 schwimmt die Australierin Susi Maroney als erster Mensch von Mexiko nach Kuba. Die 23-Jährige braucht für die rund 197 Kilometer in einem speziellen Haikäfig 38 Stunden und 33 Minuten. Im Jahr zuvor hatte die Marathon-Schwimmerin aus Sydney die 145 Kilometer breite Meerenge zwischen Kuba und Florida durchquert. Sie erreichte die US-Insel Key West nach 24 Stunden und 30 Minuten. Davor und danach scheiterten rund 50 Schwimmer auf dieser Strecke, darunter der frühere Olympia-Teilnehmer und Film-Tarzan Johnny Weissmüller.

(dpa)
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