Schule Evangelische Kirche übt Selbstkritik bei Inklusion

Düsseldorf · Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zieht eine kritische Bilanz ihrer eigenen Arbeit mit Behinderten. Die Inklusion konfrontiere "die Kirche und ihre Diakonie mit ihrer Geschichte und stellt sie vor große Herausforderungen".

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Foto: dpa, Daniel Reinhardt

Zwar hätten etwa Pflegeeinrichtungen und Sonderschulen "historisch große Verdienste", heißt es in einer neuen Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema Inklusion: "Negative Begleiterscheinungen sind jedoch, dass dadurch ,Sonderwelten' entstanden, die oftmals verhindern, dass Menschen mit und ohne Behinderung einander im Alltag begegnen." Die Inklusion als selbstverständliches Miteinander Behinderter und nicht Behinderter konfrontiere "die Kirche und ihre Diakonie mit ihrer Geschichte und stellt sie vor große Herausforderungen".

Die 192-seitige Orientierungshilfe "Es ist normal, verschieden zu sein", die unserer Zeitung vorliegt, wird heute vorgestellt. Eine 16-köpfige Kommission hat sie erarbeitet; den Vorsitz hatte der Bildungschef der rheinischen Kirche und Vizepräses der EKD-Synode, Klaus Eberl.

Theologischer Anknüpfungspunkt der Inklusion ist für die Autoren, dass alle Menschen nach Gottes Bild geschaffen seien: "Kein Mensch muss eine bestimmte Eigenschaft haben, um seine Gottebenbildlichkeit nachweisen zu können. Es genügt einzig, Mensch zu sein." Gottes Liebe stelle "menschliche Leistungs- und Normalitätserwartungen auf den Kopf".

In dem Papier plädieren die Autoren mit Nachdruck dafür, behinderten Menschen auch in der Kirche mehr Teilhabe zu ermöglichen. Die "flächendeckende Etablierung von ,Sonderwelten'" laufe diesem Ziel zuwider. Inklusion baue aber darauf auf, "dass die Gemeinde als Leib Christi aus unterschiedlichen Gliedern besteht und dass Ausgrenzung und Separation der Abendmahlsgemeinschaft widerspricht".

Als unzureichend kritisiert die Orientierungshilfe die Vorbereitung vieler Lehrer an allgemeinen Schulen auf die Inklusion: "Es gibt noch zu viel Frontalunterricht und zu wenig Lernbegleitung mit individuellen Förderplänen." Außerdem fehlten Sonderpädagogen: "So ist die schulische Wirklichkeit oft weit von der Idee gemeinsamen Lernens entfernt." In Nordrhein-Westfalen haben Eltern seit 2014 einen Rechtsanspruch auf einen Platz an einer allgemeinen Schule für ihr behindertes Kind.

In der Orientierungshilfe heißt es dazu, weil die Umsetzung der Inklusion Zeit brauche, sei "für eine Übergangszeit" der Erhalt eigener Förderschulen sinnvoll.

(RP)
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