Nach Missbrauchsvorwürfen Ettaler Benediktiner bitten Papst um Visitiation

Bonn (RPO). Scham bei den Mönchen: Die Benediktiner von Kloster Ettal haben bei Papst Benedikt XVI. eine Apostolische Visitation erbeten. Sie solle den Ordensmitgliedern zu einem Neuanfang verhelfen, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten "persönlichen Erklärung" von Abt Barnabas Bögle und Pater Maurus Kraß. Beide waren vergangene Woche von ihren Ämtern zurückgetreten, Kraß war Prior und Schulleiter.

"Mit tiefer Beschämung wissen wir, dass Ettaler Mönche zu Tätern und Mitwissern wurden und in unverantwortlicher Weise zu den Vorgängen geschwiegen haben", so Bögle und Kraß. Kinder und junge Menschen seien "in unserem Haus missbraucht und misshandelt worden". Die Schuld, die dadurch auf den Ordensleuten laste, verlange nach einer grundsätzlichen geistlichen Neuorientierung der Gemeinschaft. Zur Kritik aus dem Kreis Ettaler Absolventen und Schülereltern an ihrem Rücktritt erklärten die beiden Benediktiner, gegenwärtig müsse "unsere ganze Aufmerksamkeit den Missbrauchsopfern" gelten.

Abt und Prior waren zurückgetreten, weil sie Vorwürfe aus den Jahren 2003 und 2005 nicht entsprechend den Vorschriften an die Erzdiözese München-Freising gemeldet hatten. Apostolische Visitationen sollen zur Klärung von Missständen in katholischen Einrichtungen beitragen. Zuletzt wurden unter anderem wegen unterschiedlicher Vorkommnisse die Kongregation der "Legionäre Christi" und die Frauenorden in den USA visitiert.

Patres unter Verdacht

Vier Benediktinerpatres, von denen einer bereits verstorben ist, werden verdächtigt, Übergriffe auf Kinder begangen zu haben. Dabei geht es einem Bericht vom vergangenen Freitag zufolge um 20 ehemalige Schüler. Die meisten Vorfälle, darunter auch der gewaltsame Umgang mit Schutzbefohlenen, sollen sich in den 70er und 80er Jahren ereignet haben. Bei einem Fall von 2005 soll es sich um einen "handfesten sexuellen Missbrauch" handeln.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßte unterdessen einen Runden Tisch zum Thema Kindesmissbrauch mit allen gesellschaftlichen Gruppen. Sie befürwortete damit einen Vorschlag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Gleichzeitig kritisierte sie indirekt die Äußerungen ihrer Kabinettskollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Ich finde es falsch, jetzt nur die katholische Kirche an den Pranger zu stellen."

Politik fordert Runden Tisch

Schröder erläuterte, Probleme mit Kindesmissbrauch gebe es auch in nichtkirchlichen Internaten, Sportvereinen oder Familien. Deshalb sei die Idee gut, "alle Akteure zu versammeln, um gemeinsame Strategien zu entwickeln".

Missbrauch auch in Limburg

Unterdessen teilte das Bistum Limburg mit, es prüfe Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, die gegen "einige" Priester erhoben worden seien. Diözesanbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst forderte eine schnelle und entschiedene Aufklärung. Nach Darstellung des Bistums handelt es sich um einen Verdachtsfall, der bis in die 1940er Jahre zurückreicht, und um einen Fall aus den 1960er Jahren. Die Beschuldigten seien seit langem tot. Zudem gebe es Vorwürfe, die sich auf Taten bezögen, die erst "vor einigen Jahren" begangen worden seien. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, will das Bistum die Staatsanwaltschaft einschalten.

CDU-Veteran Heiner Geißler (80) kritisierte die Sexualmoral der katholischen Kirche als verlogen. "Das Sexualleben steht bei ihr unter dem Verdacht, etwas potenziell Schlechtes zu sein", sagte er. Zugleich habe die Kirche in Sexualfragen stets strenge Maßstäbe an sich angelegt. Die Missbrauchsfälle zeigten jedoch, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklafften.

(KNA/felt)
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