Mainzer Schule aus Angst vor Amoklauf geschlossen "Es bleibt ein ungutes Gefühl"

Mainz (RPO). Aus Angst vor einem Amoklauf ist eine Gesamtschule in Mainz geschlossen worden. In einem Internet-Chatroom waren Gewalttaten in der Schule angekündigt worden. Gefahr hat laut Polizei aber keine bestanden. Dennoch soll der Unterricht erst in der nächsten Woche fortgesetzt werden.

 Die Mainzer Gesamtschule bleibt nach einer Amoklauf-Drohung bis Montag geschlossen.

Die Mainzer Gesamtschule bleibt nach einer Amoklauf-Drohung bis Montag geschlossen.

Foto: ddp, ddp

Der Schulhof wirkt wie ausgestorben - als wäre Sonntag und nicht Donnerstag. Kein Schüler ist zu sehen, die Parkplätze vor dem Gebäude sind leer. Mit schnellen Schritten eilt die Sekretärin der Integrierten Gesamtschule im Mainzer Stadtteil Bretzenheim auf einen der verschlossenen Eingänge des Schulgebäudes zu: "Die Schule ist geschlossen, wir geben keine Auskunft". Auf der Homepage der Einrichtung teilt die Schulleiterin in großen Lettern mit: "In Absprache mit der Polizei fällt heute wegen einer ungeklärten Amok-Drohung der Unterricht aus."

In einem Chat-Forum im Internet kursierten einem Sprecher der Mainzer Polizei zufolge am Mittwoch "verbal-aggressive" Einträge, in denen von "Amok" und "morgen" die Rede war. Die Schule wurde daraufhin am Donnerstag um 6.30 Uhr von der Polizei vollständig abgeriegelt. Doch bereits im Verlauf des Vormittags gaben die Ermittler Entwarnung. "Wir haben derzeit keine Hinweise auf eine konkret geplante Amoktat", sagt Polizeisprecher Kai Süßenbach auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz im Mainzer Rathaus.

Die Schule werde dennoch auch am Freitag geschlossen bleiben, kündigt Schulleiterin Christel Liefke an. Zu diesem Schritt habe sich die Leitung des Hauses auf Anraten der Polizei entschlossen, um den rund 1400 Schülern Zeit zu geben, sich zu beruhigen und Abstand zum Geschehen zu erlangen. Der Schulbetrieb soll am Montag wieder normal weitergehen.

Panische Anrufe von Eltern

Am Mittwochabend waren besorgte Eltern auf die verdächtigen Einträge im Internet gestoßen. Es habe daraufhin mehr als 100 Anrufe bei Lehrern und der Polizei gegeben, sagt Liefke. Sie habe entschieden, "da brauchen wir Profis" und wandte sich an die Polizei. Dennoch sei sie selbst zu keiner Zeit wirklich beunruhigt gewesen, dass "etwas Schlimmes geschehen" würde. Aber trotzdem habe man handeln müssen, fügt sie hinzu.

Der Polizei zufolge wurden die verdächtigen Äußerungen in einem Forum veröffentlicht, in dem die Schüler ihre Trauer über den Selbstmord eines 15 Jahre alten Mitschülers am Sonntag verarbeiten. Ins Visier der Fahnder geriet schnell ein enger Freund des Toten. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung am späten Mittwochabend konnte die Polizei aber nichts Verdächtiges feststellen. Auch die Vernehmungen von Schülern brachten keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung. Bislang konnte die Polizei noch keinem Schüler nachweisen, Urheber der Einträge zu sein.

Vor einer Eisdiele gegenüber der Gesamtschule stehen Tobias (16), Jens (16) und Christian (14) zusammen. Auch sie sehen die möglichen Amok-Drohungen im Zusammenhang mit dem Suizid des 15-Jährigen, mit dem Tobias in eine Klasse ging. Sie beschreiben den Toten als ausgesprochen fröhlichen Jugendlichen, der zudem sehr beliebt gewesen sei. Umso größer scheint die Bestürzung bei den Schulkameraden. Einige Schüler hätten sich über den Selbstmord aber auch lustig gemacht - und damit die Gefühle der Trauernden sehr verletzt. Tobias, Jens und Christian können sich vorstellen, dass die Amok-Drohung dadurch ausgelöst worden sein könnte.

Ungutes Gefühl bleibt

Wirklich beruhigt scheint das Trio weder durch die Entwarnung der Polizei noch durch die Maßnahmen der Schulleitung. "Es bleibt ein ungutes Gefühl. Wenn einer wirklich Amoklaufen will, dann halten ihn auch zwei Tage schulfrei nicht davon ab", sagt Jens.

Die Polizei sucht nun nach möglichen Einträgen in weiteren Foren und versucht, den Urheber der Einträge zu ermitteln. Der Betreffende werde sich möglicherweise wegen des Straftatbestands der Androhung einer Straftat zu verantworten haben, sagt Süßenbach.

Unterdessen wurde eine weitere Drohung gegen eine Schule bekannt. Ein Unbekannter habe mit einem dicken Filzstift von außen an die Fensterscheibe einer Grundschule in Frankenthal geschrieben "Ich bringe euch alle um am 16.11.", sagt ein Polizeisprecher in Ludwigshafen. Der Schriftzug sei bereits am Montag entdeckt worden. Die Polizei gehe allerdings nicht von einer ernsthaften Drohung aus. Der Schulbetrieb wurde den Angaben zufolge nicht unterbrochen. Am Freitag sei es den Eltern freigestellt, ob sie ihr Kind zur Schule schicken oder nicht.

(ap)
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