Wegen Hitze Erstes Atomkraftwerk muss Leistung drosseln

Brokdorf/Stuttgart (RPO). Die anhaltende Hitze hat auch Auswirkungen auf die deutschen Atomkraftwerke. Das AKW Brokdorf an der Elbe (Schleswig-Holstein) musste bereits am Montag kurzzeitig seine Leistung drosseln, wie ein Sprecher des für Atomaufsicht zuständigen Landesjustizministeriums am Dienstag in Kiel mitteilte.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Foto: AP

Die Leistung sei für drei Stunden um 50 Megawatt oder drei Prozent abgesenkt worden. Grund war die Überschreitung der für die Elbe kritischen Wassertemperatur von 23 Grad Celsius um ein Grad.

Durch die anhaltende Hitze steigen auch in Baden-Württemberg die Temperaturen der Flüsse. An Rhein und Neckar müssen Atom- und Kohlekraftwerke wegen der Hitzewelle womöglich schon am Wochenende vom Netz genommen werden. Die kritische Wassertemperatur von 28 Grad Celsius, ab der etwa Fische wegen Sauerstoffmangels sterben, könnte dann erreicht werden, teilte die Stuttgarter Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) am Dienstag mit. Zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung werde es aber nicht kommen.

Kraftwerke kühlen mit Flusswasser

Die Kraftwerke entnehmen den Flüssen Kühlwasser und leiten es anschließend entsprechend angewärmt wieder ein. Gönner zufolge nähert sich derzeit die Temperaturkurve den Extremwerten des Hitzesommers 2003 an. Die danach entwickelten Krisenmanagementpläne könnten nun notfalls schnell umgesetzt werden. Die Energieversorger müssen demnach ab einer Wassertemperatur von 28 Grad Celsius grundsätzlich ihre Kohle- und Kernkraftwerke vom Netz nehmen, weil die Abwärme im zurückgeleiteten Kühlwasser die Flüsse ansonsten über die kritische Marke hinaus aufheizt.

Um die Stromnetzstabilität aber gleichwohl zu garantieren, wurde der Ministerin zufolge gemeinsam mit den Energieversorgern ein sogenanntes Mindestkraftwerkskonzept erarbeitet. Es soll einen Zusammenbruch der Stromversorgung vorbeugen, aber auch mögliche negative ökologische Auswirkungen begrenzen.

In den kommenden Jahren könnten nach Einschätzung der Umweltministerin die Krisenpläne noch öfter zum Einsatz kommen, da als Folge des Klimawandels die Zahl der heißen Tage mit Temperaturen von mehr als 30 Grad weiter zunehmen werde. Gönner will deshalb Anreize für Investitionen in gewässerschonende Technologien wie etwa die Kraft-Wärme-Kopplung schaffen, weil bei einem konventionellen Kraftwerk bis zu zwei Drittel der eingesetzten Energie über das Kühlwasser als Abwärme in den Flüssen landen.

Lage ist angespannt aber nicht dramatisch

Gönner bezeichnete die Lage an Rhein und Neckar als "angespannt, aber noch nicht dramatisch". Die Situation könnte sich in den nächsten Tagen allerdings "weiter zuspitzen". Am vergangen Wochenende musste der Neckar an drei Staustufen bereits zusätzlich belüftet werden, weil der Sauerstoffgehalt des sich aufheizenden Wassers unter die Marke von vier Milligramm je Liter gesunken sei. Bei Werten von unter 3,5 Milligramm droht Fischsterben.

Das Atomkraftwerk Brokdorf an der Elbe in Schleswig-Holstein hatte bereits am Montag wegen steigender Wassertemperaturen seine Leistung für drei Stunden drosseln müssen. Diese hätten dort vorübergehend die kritische Marke von 23 Grad erreicht, seien aber schnell wieder angesunken, sagte ein Sprecher des für die Atomaufsicht zuständigen Kieler Landesjustizministeriums am Dienstag.

Das erkläre sich durch den Einfluss von Ebbe und Flut. Brokdorf liegt am Unterlauf der Elbe nahe der Mündung zur Nordsee. Die Leistung sei auch nur um 50 Megawatt und damit wenige Prozent der Kraftwerks-Nettoleistung von rund 1400 Megawatt abgesenkt worden. An der Elbe stehen bei Brunsbüttel und Krümmel zwei weitere Atomkraftwerke. Diese sind derzeit nach Pannen aber ohnehin abgeschaltet.

(DDP/awei)
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