Wenn der Steuerfahnder klingelt Erste Hausdurchsuchung wegen Steuer-CD

Frankfurt (RPO). Nur wenige Wochen nach dem Ankauf einer CD mit Bankdaten aus der Schweiz haben deutsche Steuerfahnder erstmals zugeschlagen. Die Beamten überraschten Privatleute in Süddeutschland. Es dürfte der Beginn einer ersten Durchsuchungswelle bei Steuersündern sein. Die Daten der Steuer-CD liegen offenbar bereits zahlreichen Behörden vor.

Wie geht das mit der Selbstanzeige?
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Foto: AP

Die Privatleute in Süddeutschland hatten keine Selbstanzeige erstattet wie Tausende anderer Bankkunden der betroffenen Konten in der Schweiz. Die Beamte seien mit gerichtlichem Durchsuchungsbeschluss erschienen, sagte ihr Anwalt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Die Finanzbeamten hätten bereits bei ihrem Erscheinen den exakten Betrag gekannt, der auf einem Konto der Schweizer Bank Credit Suisse lag, sagte der Anwalt. Erstaunlich erscheint auf den ersten Blick, dass die Durchsuchung in Süddeutschland stattfand, war es doch das Bundesland Nordrhein-Westfalen, das gemeinsam mit der Bundesregierung den Kauf der brisanten Steuer-CD angeleiert hatte.

Aber die Behörden haben schnell reagiert. Dem Steuerstrafverteidiger teilten sie mit, dass Kopien der CD bereits vor zwei Wochen an die entsprechenden Stellen in den Bundesländern gegangen sind. Sie würden derzeit in den Finanzämtern geprüft und ausgewertet.

Die Daten der mutmaßlich 1300 bis 1500 Steuersündern sind offenbar von bester Qualität. Das zumindest glaubt der Steuerstrafverteidiger der betroffenen Privatleute aus Süddeutschland, der zuvor Gespräche mit der Finanzverwaltung geführt hatte. In der kommenden Woche werde daher die erste Welle von Ermittlungsmaßnahmen anrollen. "Die sitzen in den Startlöchern", zitiert ihn das Blatt.

Bemerkenswert sind zudem die Einlassungen des Fachanwalts über die Bereitschaft seiner Klienten, sich zu stellen. So haben die Behörden zwar nach der öffentlichen Diskussion über den Kauf von Datenträgern mit brisanten Informationen über Steuersünder eine Welle von Selbstanzeigen registriert, deren Zahl inzwischen die Marke von 10.000 erreicht haben soll.

Doch hat der Steuer-Anwalt in seiner beruflichen Praxis einen ganz anderen Eindruck gewonnen. Viele seiner Mandaten hätten sich bisher nicht angezeigt, sagte er der Zeitung. Die Dunkelziffer ist groß. Bis zu 100.000 Deutsche sollen es sein, die ihr Geld in der Schweiz vor dem deutschen Fiskus verstecken.

Immer mehr Selbstanzeigen

Wegen der Flut von Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Steuerflucht in die Schweiz muss das Land Hessen die Steuerfahndung notgedrungen personell verstärken. Das Wiesbadener Finanzministerium bestätigte am Mittwoch einen Bericht von "Hit Radio FFH", wonach 40 zusätzliche Steuerfahnder eingesetzt würden. Zehn davon sollen eine Zentralstelle für die Bekämpfung der Steuerhinterziehung in Frankfurt am Main aufbauen.

1430 Menschen sollen es offiziellen Angaben inwischen sein, die sich dort selbst angezeigt haben, um so drohenden Strafen zu entgehen. Dazu kommen laut Ministerium weitere Fälle, über die Hessen von anderen Bundesländern informiert worden sei. Die Steuerverwaltung habe dafür gesorgt, dass kein Zeitverzug bei der Bearbeitung der Fälle eintrete, sagte Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU): "Wir haben mit der jetzigen Personalaufstockung in der Steuerfahndung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass diejenigen, die ihr Vermögen am Fiskus vorbei im Ausland deponieren, mit Konsequenz und Härte verfolgt werden."

Weitere CDs im Angebot

Das Land Baden-Württemberg hat derweil weitere Daten von deutschen Steuersündern in der Schweiz zum Kauf angeboten bekommen. Nach einem Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" liegt den Finanzbehörden ein ganzes Dutzend neuer Offerten vor. Drei dieser Angebote werden von Experten der CDU-FDP-Landesregierung als "ernstzunehmend" eingestuft und nun intern von Steuerfahndern geprüft.

Der Kauf von Steuersünder-Daten ist in Politik und Öffentlichkeit umstritten. Kritiker monieren, die Regierung mache sich dabei mit Kriminellen gemein. Durch eine solche Praxis entstünde ein staatlich geförderter Hehlermarkt für teils zweifelhafte Angebote.

Auch der Zeitungsbericht über die Angebot aus baden-Württemberg weckt Zweifel, weil er offenbart, welche Dynamik ein einmal in Gang gesetzter Handel mit Steuerdaten freisetzt. So soll in einem der neuen Fälle der Informant seine Datensätze schon Anfang Februar angeboten haben. Das Land habe aber offenbar nicht darauf reagiert. Nun hat er sich erneut gemeldet.

In einem zweiten Fall wandte sich ein Datendieb vergeblich an die Steuerfahndung Berlin und bietet seine Ware nun in Baden-Württemberg an. Nach Recherchen der Zeitung soll er über Informationen von 5000 Steuerhinterziehern verfügen und verlangt pro Namen ein Honorar von 1000 Euro.

Mindestens einer der Anbieter hat das Finanzministerium inzwischen aufgefordert, ihm über ein Codewort in einer Zeitungsanzeige mitzuteilen, ob man die Daten kaufen will. Experten des Finanzministeriums sagen mit Blick auf die neuen Offerten, es handele sich "um seriös und unseriös wirkende Angebote". Erst Anfang März hatte das Land nach wochenlanger Debatte um eine erste CD mit 1700 Datensätzen entschieden, die Ware nicht zu kaufen.

(AFP/AP/DDP)
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