Diskussion über künstliche Befruchtung Elternglück mit 51 und 68 Jahren

Hamburg/Düsseldorf · Christiane (51) und Manfred (68) Döring haben durch künstliche Befruchtung zum ersten Mal Nachwuchs bekommen. Der Eingriff erfolgte in Tschechien. Warum das in Deutschland nicht möglich gewesen wäre, erklärt ein Mediziner.

Zufrieden liegt der fünf Monate alte Junge mit dem ungewöhnlichen Namen Kay Iulius Donatos Manfredo in seinem Gitterbettchen. Er lächelt und blickt sich neugierig um. Er ahnt nicht, dass inzwischen viel über ihn diskutiert wird — aber nicht etwa über seine ungewöhnlichen Vornamen, sondern über das Alter seiner Eltern.

Mutter Christiane Döring ist 51 Jahre alt, Vater Manfred ist 68 — wenn Kay volljährig wird, ist der pensionierte Philosophielehrer bereits 86. Doch allen Vorurteilen zum Trotz, das Hamburger Lehrer-Paar ist glücklich und teilt dieses Glück mit Videos im Internet und mit Interviews.

"Wir wollen alten, aber auch gleichgeschlechtlichen Paaren zeigen, dass es immer Wege gibt, auch wenn in Deutschland viel verboten ist", sagte die Französischlehrerin der Zeitung "Welt".

Das Verbot, in Deutschland mittels Eizellenspende schwanger zu werden, ist der Grund dafür, dass das Ehepaar die künstliche Befruchtung in Tschechien hat durchführen lassen. Denn das Paar war sowohl auf eine Samen- als auch auf eine Eizellenspende angewiesen.

7000 Euro teurer Eingriff im Nachbarland

In Deutschland ist die Eizellenspende durch das Embryonenschutzgesetz aus dem Jahr 1991 verboten. "Mein Mann ist zeugungsunfähig, und meine Hormone waren auch nicht mehr so dolle", sagte Christiane Döring. 20 Jahre lang habe man erfolglos versucht, auf natürlichem Wege ein Kind zu zeugen, sei dann schließlich aus Altersgründen an einer künstlichen Befruchtung in Deutschland und an einem Adoptions-Versuch gescheitert.

Nach gründlicher Recherche habe man sich für den 7000 Euro teuren Eingriff im Nachbarland entschieden. "In Tschechien wie auch in vielen europäischen Ländern sind Eizellenspenden nicht verboten", erklärt Professor Jan-Steffen Krüssel, Leiter des Universitären Interdisziplinären Kinderwunschzentrums Düsseldorf.

"Dass das in Deutschland verboten ist, ist der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin schon lange ein Dorn im Auge", sagt Krüssel, der das Embryonenschutzgesetz für veraltet hält. In Deutschland dürften nur Eizellen künstlich befruchtet werden, die auch wieder auf dieselbe Frau übertragen würden.

"Was in Tschechien und anderswo gemacht wird, ist eine Routinebehandlung und keine Science Fiction." Samenspenden seien erlaubt, was aus Gründen der Gleichstellung für ihn unverständlich sei. Die allgemeine Begründung lautet: Samen seien leichter zu beschaffen. Krüssel sagt dazu: "Eizellen zu entnehmen ist nur ein kleiner operativer Eingriff."

"Ich habe gewartet, bis ich verbeamtet wurde"

Da sich die Eizellen bei Frauen bereits bilden, wenn sie selbst noch Embryonen sind, altern sie mit den Frauen. "Daher sind Fehlbildungen beim Kind wahrscheinlicher, je älter die Mutter ist", sagt Krüssel. "Es macht also biologisch betrachtet Sinn, bei Eizellenspenden die Eizellen jüngerer Frauen zu nehmen." Nach Angaben des Hamburger Paares seien die biologischen Eltern von Kay tschechische Studenten unter 25 Jahren.

Doch warum haben Christiane und Manfred Döring so lange gewartet, bis sie sich zu einer künstlichen Befruchtung entschlossen haben? "Ich habe gewartet, bis ich verbeamtet wurde. Wir wollten genug Zeit und Geld für unser Kind haben", sagte Christiane Döring in einem Interview der "Bild"-Zeitung.

Jan-Steffen Krüssel sieht in dem Fall eine Grenze überschritten. "Eine künstliche Befruchtung sollte in einem Alter durchgeführt werden, in dem die Frau auch auf natürlichem Wege noch Kinder bekommen könnte, also bis etwa 45." In Ländern wie Tschechien gibt es solch eine Grenze nicht, so der Professor. In dem Düsseldorfer Kinderwunschzentrum läge das Durchschnittsalter der Frauen bei 38 Jahren.

Maximale Fruchtbarkeit mit 23 Jahren

"Oftmals schätzen Paare falsch ein, wie wichtig das Alter bei der Kinderplanung ist. Das ist nicht wie bei den Prominenten, die erst mit Mitte 40 oder später Kinder bekommen. Ich behaupte mal, dass diese oftmals nicht mit eigenen Eizellen schwanger geworden sind", so Krüssel. Die maximale Fruchtbarkeit einer Frau sei mit 23 Jahren erreicht, danach nimmt sie sprunghaft ab.

Christiane und Manfred Döring machen sich um die Zukunft ihres Sprösslings keine Sorgen — auch wenn sie oft für die Großeltern des Jungen gehalten würden. "Wir sind top gesund, und wenn doch mal was sein sollte, haben wir alles testamentarisch geregelt", sagte die Mutter. "Wenn wir beide sterben, wird unser Sonnenschein bei einer guten Freundin aufwachsen." Aber auch die Freundin ist jetzt bereits 53 Jahre alt.

(RP)
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