Milupa-Milchpulver für Babys wird knapp Eltern beklagen Zustände wie in der DDR

Düsseldorf · Seit Monaten kaufen chinesische Eltern nach den Skandalen in ihrer Heimat deutsche Babynahrung auf. Chinesische Studenten in Deutschland haben mit Online-Shops für Milchpulver einen Nebenverdienst entdeckt.

 Chinesische Mütter bevorzugen Milchpulver aus Deutschland, weil sie heimischen Produkten misstrauen.

Chinesische Mütter bevorzugen Milchpulver aus Deutschland, weil sie heimischen Produkten misstrauen.

Foto: AFP, AFP

Die Kampfzone liegt in einem Regal mitten zwischen Karottensaft, Apfel-Bananenbrei und Folgemilch. Die junge Mutter mit dem Einkaufswagen kommt zu spät. Gerade schnappt ihr eine Kundin die heiß ersehnte Ware vor der Nase weg und entführt sie durch die Gänge zur Kasse. Wo jetzt wieder eine Lücke im Regal klafft, standen vorher noch zwei Packungen Milupa-Trockenmilch.

Szenen wie diese spielen sich seit einigen Wochen in vielen Supermärkten und Drogerien in Deutschland ab. Von Hamburg bis München wird das Baby-Milchpulver des Marktführers knapp. Der Grund: Trockenmilch-Fans in Fernost.

Den Hersteller erwischte es eiskalt

Chinesische Eltern importieren die deutschen Produkte Aptamil und Milumil, weil sie den Herstellern von Babynahrung aus dem eigenen Land nach zwei Skandalen nicht mehr trauen. 2008 erkrankten 300.000 Babys an mit der Chemikalie Melamin verseuchtem Milchpulver. Erst im vergangenen Jahr wurden in der Säuglingsnahrung eines chinesischen Herstellers erhöhte Mengen Quecksilber gefunden.

Die sprunghafte Nachfrage aus Asien traf den Babymilch-Hersteller Milupa eiskalt. Seit Wochen laufen am Sitz im hessischen Friedrichsdorf die Telefone heiß. Auf der Facebook-Seite schimpfen erboste Eltern über "Zustände wie in der DDR" und Einkäufe, die zur "Schatzsuche" werden. Milupa bemüht sich um Abhilfe. Doch pulverisierte Alternativen interessieren die Eltern nicht. Hat ein Baby sich einmal an ein Milchprodukt gewöhnt, wechseln Mütter nur ungern die Marke.

Lieferengpässe

"Wir verstehen den Ärger, aber wir kommen derzeit einfach nicht mit der Produktion nach, obwohl wir in drei Schichten rund um die Uhr arbeiten", erklärt ein Milupa-Sprecher. In diesen Tagen nimmt das Unternehmen eine neue Produktionslinie in Irland in Betrieb. Sie soll das Werk in Fulda entlasten, damit es mehr für den deutschen Markt produzieren kann. Wegen der hohen Hygiene-Standards für Säuglingsmilch könne es aber dauern, bis die Herstellung so angelaufen ist, dass sich die Regale wieder füllen.

Der Drogeriemarkt Rossmann weist die Kunden bereits auf Lieferengpässe hin. Beim Konkurrenten dm dürfen sie nur noch "haushaltsübliche Mengen" Aptamil-Pulver kaufen, um Hamsterkäufe zu vermeiden.

Lukrativer Nebenverdienst

Denn längst haben auch chinesische Studenten in Deutschland den Milchpulverhandel über Online-Shops als Verdienst entdeckt: Sie kaufen die Babynahrung auf Vorrat in Deutschland und vertreiben sie nach China weiter. Schickten sie Trockenmilch früher meist nur an Verwandte und Freunde, beliefern sie mittlerweile immer größere Kreise. Eine Packung Aptamil, die in Deutschland etwa 20 Euro kostet, wird auf der Online-Plattform Taobao, dem chinesischen Pendant zu Ebay, für umgerechnet 30 Euro angeboten. Damit scheint es immer noch günstiger zu sein, als das importierte Milchpulver in den chinesischen Supermärkten.

Milupa allerdings exportiert nicht nach China, weil die Schwestergesellschaft Dumex dort die Märkte mit Babynahrung beliefert. Als Milchpulver-Umschlagplatz ist Hongkong besonders beliebt. In der Sonderhandelszone sind ausländische Produkte preiswert — und werden scharf kontrolliert. Doch seit dem 1. März dürfen aus Hongkong Ausreisende nur noch 1,8 Kilo Babymilchpulver nach China einführen. Leere Regale in der Sonderhandelszone soll es nicht geben. Wer mehr mitnimmt als erlaubt, muss mit einer Geldstrafe von umgerechnet rund 50 000 Euro und bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen.

(RP/pst/csi)
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