Trümmer des Kölner Stadtarchiv Einsatzkräfte suchen mit bloßen Händen

Köln (RPO). Nach dem Einsturz des Historischen Stadtarchivs in Köln gestaltet sich die Suche nach Verschütteten unter dem Trümmerberg weiter schwierig. Einsatzkräfte beseitigten am Samstag mit bloßen Händen Trümmerteile, wie die Feuerwehr mitteilte. Auch ein Greifbagger kam kurzzeitig zum Einsatz.

So sieht es jetzt in der Kölner Südstadt aus
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Unterstützt werden die Rettungskräfte den Angaben zufolge von sechs Spürhunden, die mehrfach angeschlagen hätten. An diesen Stellen trügen die Einsatzkräfte nun gezielt Trümmerteile ab. Die Suchaktion nach zwei jungen Männern, die unter dem Trümmerhaufen vermutet werden, war am Freitagabend nach Abschluss der Sicherungsarbeiten an der Unglücksstelle begonnen worden.

Sie musste kurz nach Beginn unterbrochen werden, da ein Vermessungssystem in einem angrenzenden Gebäude Bewegungen in einem Mauerteil festgestellt hatte. Dies erwies sich aber als Fehlalarm. In der Nacht waren Angehörige der Vermissten zur Unglücksstelle gebracht worden, um ihnen die Bergungsarbeiten zu erläutern.

Bis zum frühen Samstagmorgen hatten die Einsatzkräfte laut Feuerwehr von dem Schuttkegel etwa sieben Meter an Trümmern abgetragen. Dabei wurden erneut auch Bestände des Stadtarchivs freigelegt. Diese stammen teilweise aus dem 19. Jahrhundert. Die Archivalien sind den Angaben zufolge in sehr unterschiedlichem Zustand. Teilweise können komplett erhaltene Dokumente geborgen werden. Insgesamt ist die Feuerwehr mit 220 Leuten am Unglücksort.

Inzwischen sind weitere Zweifel an der fachgerechten Ausführung von Tunnel-Arbeiten beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn in der Severinstraße aufgetaucht. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zitiert bislang unveröffentlichte Passagen aus dem Gutachten eines Ingenieurbüros. Dabei ging es um die Probleme mit dem Kirchturm der Gemeinde St. Johann Baptist an der Severinstraße, der sich 2004 plötzlich um 77 Zentimeter geneigt hatte.

Der gemessene "Stützdruck" beim Bau eines Versorgungstunnels sei zum Beispiel zu niedrig gewesen, um die unterirdische Bohrstelle ausreichend zu stabilisieren, heißt es laut "Spiegel"-Vorabbericht in dem 90-seitigen Papier der Fachleute. Die neu gegrabenen Abschnitte seien nicht immer sofort mit einem schnellhärtenden Ring aus Bentonit umschlossen worden. Dadurch verbleibe "ein Hohlraum, in den sich das umgebende Gebirge absetzen kann". So habe sich der Kirchturm mehr als 15 Mal so stark geneigt wie vorher einkalkuliert.

Ausdrücklich stellten die Gutachter nicht nur "systembedingte unvermeidbare" Schäden im Untergrund fest, die durch die verwendete Grabetechnik entstanden seien. Beim Führen der Maschinen seien vielmehr auch "bedienungsbedingte vermeidbare Auflockerungen und Hohlraumbildungen" im Erdreich unter der Kölner Südstadt entstanden.

Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" am Samstag vorab berichtete, konzentrieren sich die Ermittler von Kölner Staatsanwaltschaft und Polizei auf zwei mögliche Ursachen des Unglücks. So werde zum einen vermutet, dass die ein Meter dicke Schlitzwand aus Beton wegbrach, die das Grundwasser von der Baugrube abhalten sollte.

Das Team überprüft dem Bericht zufolge noch eine zweite Theorie: So könnte das Wasser durch den unbefestigten Boden eingedrungen sein. Bei diesem Effekt lenken die Trennwände das Grundwasser um, es fließt daran herunter und hebt den Boden der Grube abrupt an. Wasser und Erdreich sprudelten dann wie in einem Vulkan nach oben.

Alle Berichte zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs finden Sie hier.

(AP)
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