MSC "Oscar" am am JadeWeserPort Ein Schiff, aufrecht höher als der Berliner Funkturm

Wilhelmshaven · In Wilhelmshaven hat das größte Containerschiff der Welt angelegt, die MSC "Oscar". Aus der Ferne sieht es eigentlich aus wie jeder andere Riesenpott. Doch je näher sie sich heranschiebt, desto klarer werden die Dimensionen im XXL-Format sichtbar.

Gigant der Meere, Mega-Carrier und Superfrachter: Ein hochhausähnlicher Rumpf liegt schließlich an der Pier, und von dort führt eine endlose Gangway hoch zum Deck. So mancher Besucher kommt bis dahin schon aus der Puste.

Doch es folgen noch acht weitere Decks bis zur Brücke, die Besuchergruppe schleppt sich atemlos durch leere Korridore und verwinkelte Flure. Nur selten kreuzt ein Seemann ihren Weg.
"Welcome", lächelt einer und verschwindet tief unten in den Bauch des Schiffes. Nur 24 Seeleute sind in der Crew, die meisten stammen aus Indonesien und von dem pazifischen Inselstatt Samoa. Die Offiziere und Kapitän Giuseppe Siviero (58) kommen dagegen aus Italien.

Ganz oben auf der Brücke ist vor lauter Containern kaum noch Schiff zu sehen. Mit 19 224 Standardboxen (TEU) nimmt die MSC "Oscar" mehr Ladung auf als jeder andere Frachter. Nils Kahn von der italienisch-schweizerischen Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) sucht nach griffigen Beschreibungen für diese kaum vorstellbaren Mengen: "19 Millionen Spielzeugautos oder 57 Millionen Kleidungsstücke oder 1,15 Millionen Waschmaschinen oder 2,4 Millionen Mikrowellen oder..." Und mit 395 Metern Länge wäre das ganze Schiff höher als der Eiffelturm oder der Berliner Funkturm, wenn die "Oscar" senkrecht zum Stehen käme.

Andere Werte machen da schon nachdenklicher: Bei 16 Metern Tiefgang muss das Rekordschiff einen großen Bogen um die meisten Häfen steuern. Bremerhaven stand zwar auf dem Fahrplan, Hamburg wäre aber ein Problem. Und genau das ist die Chance für den JadeWeserPort in Wilhelmshaven: Deutschlands einziger Tiefwasserhafen ist speziell für diese Riesen-Pötte gebaut worden. Mehr als eine Milliarde Euro investierten die Länder Niedersachsen und Bremen in ihr Prestigeprojekt. Doch in den Zeiten von Finanz-, Wirtschafts- und Schifffahrtskrise kam der 2012 eröffnete Hafen bisher nicht in Fahrt.

"Das waren deprimierende Jahre", resümiert Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Nun strahlt er neben Kapitän Siviero, der als Willkommensgeschenk einen "Seemannszwerg" bekommt, die maritime Variante eines Gartenzwergs: "Der heutige Tag gleicht der Verleihung eines Oscars - auch der Oscar ist schließlich ein Preis, der für harte Arbeit und Anstrengungen verliehen wird."

Lies wittert eine Riesenchance für den JadeWeserPort, wenn die großen Schiffe eines Tages Hamburg nicht mehr erreichen können. Doch der Minister will diese Schwäche nicht ausnutzen: "Hamburg sollte mit ins Boot kommen, wenn wir Wilhelmshaven in der Zukunft weiter ausbauen."

Bisher hatte es nie so recht geklappt mit einer norddeutschen Hafenkooperation, doch für Lies ist die Zeit nun reif. "Wir müssen weg vom Kirchturmdenken. Ein Hafen ist nicht nur gut, wenn er im eigenen Land liegt."

(dpa)
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