Neue Sechswochenvorhersage des Wetterdienstes Landwirte sollen künftig vor Dürren besser gewarnt werden

Berlin · Der Deutsche Wetterdienst verzeichnete im vergangenen Jahr eine Reihe neuer Rekorde und weiter steigende Durchschnittstemperaturen auch in Nordrhein-Westfalen. Nun testet er eine neue Prognose.

 Das Rheinufer bei Düsseldorf im Juli letzten Jahres.

Das Rheinufer bei Düsseldorf im Juli letzten Jahres.

Foto: dpa/Martin Gerten

In NRW ist es in den letzten Jahrzehnten wärmer, nasser und sonniger geworden. Nach intensiver Wetter-Auswertung ist die durchschnittliche Temperatur an Rhein und Ruhr um 1,6 Grad seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 gestiegen. Auf ganz Deutschland bezogen waren es 1,5 Grad. Der Niederschlag nahm um 10,4 Prozent zu (bundesweit um 8,7), und besonders deutlich ist die Sonnenscheindauer. Die NRW-Bevölkerung hat inzwischen 10,9 Prozent mehr davon im Vergleich zu 1951 (und 6,2 Prozent im Bundesschnitt). Beherrschend war im vergangenen Jahr indes die lange, heiße Trockenperiode, die Jahrhundertrekorde purzeln ließ. Das zeige „eindrücklich, wie kraftvoll der Klimawandel und die globale Erwärmung Deutschland im Griff haben“, meinte Deutscher-Wetterdienst-Vizepräsident Paul Becker bei der Vorstellung der jüngsten Statistik.

Angesichts von Milliarden Euro teuren Dürre-Schäden hat der Wetterdienst ein neues Prognose-Instrument entwickelt, das sich im Laufe dieses Jahres bewähren soll: Anhand der Bodenfeuchtigkeit streben die Wetterexperten an, Landwirte nicht mehr erst mit zweiwöchigem, sondern künftig mit bis zu sechswöchigem Vorlauf warnen zu können. Sie wären dann in der Lage, rechtzeitig zu düngen oder die Pflanzen auf andere Weise zu schützen, um die Ernteausfälle angesichts herannahender Dürre zu verkleinern. Mit den herkömmlichen Prognosen kamen die Wetterfachleute nicht weiter. Ihre langfristigen Niederschlagsvorhersagen seien an der tatsächlichen Entwicklung gemessen „frustrierend“ gewesen. Die Trägheit des Bodens könne aber bei der Vorhersage von Dürren für drei bis sechs Wochen im Voraus genutzt werden.

2018 war das wärmste Jahr seit dem Start der Wetteraufzeichnungen vor 138 Jahren. Der Rekord bei den heißen Tagen wurde um einen auf 20 Tage erhöht, der Rekord bei den Sommertagen ab 25 Grad gleich um zwölf auf 74. Das hat Auswirkungen auf viele Bereiche des menschlichen Lebens. Empfindliche Menschen seien Gesundheitsgefahren ausgesetzt, außerdem verteuerten sich die Preise für Lebensmittel durch kärgliche Ernten und für Benzin durch verminderte Transportmöglichkeiten, wenn die Flüsse nicht mehr richtig schiffbar sind.

Dabei hatte es Deutschland nicht mit einem einmaligen Ausreißer zu tun. Weltweit seien die vergangenen vier die wärmsten jemals gemessenen Jahre gewesen, erläuterte Wetterexperte Thomas Deutschländer. Zugleich wies er darauf hin, dass der Erwärmungstrend in Deutschland stärker ausfällt als weltweit. Seit 1881 stieg die Temperatur nach dieser Trend-Analyse global um 1,0 Grad, in Deutschland sogar um 1,5 Grad. Abweichungen nach unten und nach oben sind darin eingearbeitet. In ihren Übersichten färben die Meteorologen Temperaturabweichungen nach oben rot und nach unten blau ein. Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein überwog die blaue Farbe, seit den späten 80ern gab es nur noch zwei Jahre mit blauen Balken. Sonst ist alles rot. In einem Szenario schließt der Wetterdienst nicht aus, dass die mittlere Temperatur in den nächsten Jahrzehnten um weitere anderthalb oder gar zwei Grad zunehmen könnte.

Die Sonnenscheindauer war im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 2015 Stunden so lang wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Im Mittel fehlten pro Quadratmeter auch 200 Liter Regenwasser. Der Niederschlag kam auf der anderen Seite in einzelnen Regionen auch wiederholt als Starkregen runter. So wie Ende Mai in Wuppertal, als 85 Liter je Quadratmeter binnen einer Stunde fielen und Teile des Stadtgebietes überschwemmten. Begleitet wurden diese Phänomene auch von Stürmen und Orkanen.

Mit folgenreichen Auswirkungen bei weiter steigenden Temperaturen sei wohl auch in Deutschland künftig zu rechnen, sagte Deutschländer voraus. „Es wird nicht nur bei milderen und schneeärmeren Wintern sowie wärmeren Sommern bleiben“, lautet seine Prognose. Auch die unerwünschten Folgen des Klimawandels würden alle betreffen, entweder direkt durch Wetterextreme oder über die gesellschaftlichen Folgen der Klimaveränderung. Hierunter versteht er wachsende Gesundheitsrisiken, steigende Kosten und Beeinträchtigungen im Verkehr, sowohl auf Flüssen als auch auf Straße, Schiene und in der Luft.

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