Dresden "Pegida"-Anhänger greifen Polizisten an

Dresden · Bei Auseinandersetzungen zwischen fremdenfeindlichen Demonstranten und Gegenprotestlern in Dresden ist ein "Pegida"-Anhänger schwer verletzt worden. Mehr als 15.000 "Pegida"-Anhänger trafen auf schätzungsweise auf 14.000 Gegner. Im Anschluss an die Kundgebung ist es zu Ausschreitungen gekommen.

Dresden: "Pegida"-Anhänger greifen Polizisten an
Foto: dpa, lus soe

Die Lager der Pegida-Anhänger und der linken Gegner stünden sich an verschiedenen Punkten in der Stadt gegenüber, sagte ein Polizeisprecher am späten Montagabend. "Es ist viel Bewegung drin." Nach unbestätigten Berichten der "Sächsischen Zeitung" kam es zu Ausschreitungen von Hooligans und Angriffen von Neonazis.

Im Kurznachrichtendienst Twitter kursieren Videos, auf denen zu sehen ist, wie Böller gezündet werden. Wie der Sprecher bestätigte, waren zuvor Polizisten mehrfach gezielt angegriffen worden. Unter den Beamten habe es keine Verletzten gegeben. Reporter der dpa hatten beobachtet, wie Pegida-Anhänger Polizisten mit Böllern angriffen.

Drei Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Sie müssen sich laut Polizei wegen Körperverletzung und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz verantworten.

Überraschend viele Demonstranten beider Lager waren zuvor zum ersten Jahrestag der zunehmend fremdenfeindlich gewordenen Bewegung nach Dresden gekommen. Schon ab dem späten Nachmittag zogen tausende Menschen von verschiedenen Startpunkten zu Sternmärschen durch Dresden, um unter dem Motto "Herz statt Hetze" gegen die von Lutz Bachmann gegründete Bewegung zu protestieren.

Die seit einigen Wochen bei der Ermittlung der Demonstrantenzahlen in Dresden federführende Studenteninitiative Durchgezählt kam auf über 13.000 "Pegida"-Gegner, so viele wie lange nicht. Aber Durchgezählt ermittelt auch 15.000 bis 20.000 "Pegida"-Anhänger - so viele wie ebenfalls seit langem nicht. Am 12. Januar wurden einmal 25.000 Menschen bei einer "Pegida"-Demonstration gezählt, dies ist der bis heute unübertroffene Rekord.

Für Gründer Bachmann war der starke Zulauf, den er trotz der bisher beispiellosen Kritik aus der Bundespolitik verzeichnet, ein Erfolg. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) etwa hatte geschimpft, "wer Galgen und Hitlerbärten hinterherläuft, für den gelten keine Ausreden mehr". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die "Pegida"-Organisatoren als "harte Rechtsextremisten" bezeichnet.

Mit dem starken Zulauf im Rücken griff Bachmann mit großer Agressivität die Bundespolitiker an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei eine "Diktatorin", rief er. Immer stärker stachelte Bachmann seine Anhänger auf. "Dresden ist das Zentrum des Widerstands", verkündete er. Und die Menge antwortete "Widerstand! Widerstand!"

Die agressive Stimmung war an diesem Jahrestag noch stärker verbreitet als in den vergangenen Monaten, als immer wieder etwa Journalisten als "Lügenpresse" beschimpft und angegriffen wurden. Und sie schlug sich auch in tätlichen Angriffen nieder. Schon kurz nach Beginn der "Pegida"-Demonstration ist die mit mehr als tausend Beamten anwesende Polizei besorgt über die emotionsgeladene Stimmung.

Die Sorgen waren berechtigt. Bald kam es zu gegenseitigen Angriffen mit Feuerwerkskörpern. Absperrungen wurden an mehreren Stellen durchbrochen, Polizisten attackiert. Es gab auch einen Verletzten - ein "Pegida"-Anhänger wurde von einem Unbekannten krankenhausreif geprügelt. Die Polizei ließ an mehreren Stellen Wasserwerfer auffahren.

Gabriel: "Pegida" ist rechspopulistisch

Vizekanzler Sigmar Gabriel hat derweil die islamfeindliche Bewegung scharf kritisiert. "Pegida ist eine rechtspopulistische und in Teilen offen rechtsradikale Empörungsbewegung geworden", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe). Inzwischen stelle sie die Grundlagen der Demokratie infrage. Zwar sei ihm Pegida Anfang des Jahres "als noch unstrukturiertes Sammelbecken von frustrierten Bürgern" erschienen. Nun sei die Bewegung jedoch "zum Reservoir rassistischer Fremdenfeindlichkeit geworden" und "der verlängerte und sprachlich brutalisierende Arm der AfD und NPD auf der Straße", so der SPD-Politiker weiter.

Unterdessen hat sich Bundesjustizminister Heiko Maas erleichtert über die große Zahl an Gegendemonstranten gezeigt. "Deutschland ist bunter als die Schwarzmaler von Pegida uns vormachen wollen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Straße dürfe nicht den Hetzern von Pegida überlassen werden, sagte Maas. "Es ist ein wichtiges Signal, dass so viele Menschen für Weltoffenheit und Demokratie auf die Straße gegangen sind", fügte er an. "Sie setzen ein klares Zeichen."

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(felt/cs/dpa/AFP)
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