Doppelmord von Mistelbach Eigene Tochter und Freund sollen Eltern erstochen haben – Prozess beginnt

Bayreuth · Ein Ehepaar wird in seinem Schlafzimmer erstochen, vier Kinder werden zu Waisen. Vor dem Landgericht Bayreuth beginnt nun der Prozess um den Doppelmord von Mistelbach. Auf der Anklagebank: der Freund der ältesten Tochter – und das Mädchen selbst.

 Nachbarn hörten Hilferufe - und alarmierten die Polizei: In einem Keller in Mistelbach wurde im Januar ein lebloses Paar mit Stichverletzungen gefunden.

Nachbarn hörten Hilferufe - und alarmierten die Polizei: In einem Keller in Mistelbach wurde im Januar ein lebloses Paar mit Stichverletzungen gefunden.

Foto: dpa/Fricke

Das Ärzte-Ehepaar und seine vier Kinder lebten in einem schicken Einfamilienhaus vor den Toren Bayreuths. In wenigen Wochen wollte der Familienvater gemeinsam mit seinem Kollegen eine größere, modernere Kinderarzt-Praxis eröffnen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

In der Nacht zum 9. Januar dieses Jahres wurden er und seine Frau in ihrem Schlafzimmer erstochen. Vor dem Landgericht Bayreuth beginnt an diesem Mittwoch (19. Oktober) nun der Prozess um den Doppelmord von Mistelbach (Landkreis Bayreuth). Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft tötete der Freund der ältesten Tochter das Paar. Und - was den Fall noch dramatischer macht - einige Wochen nach den Morden nannten die Ermittler auch die Tochter selbst als Tatverdächtige. Seitdem sitzt die zum Tatzeitpunkt 16-Jährige in Untersuchungshaft, ebenso wie ihr Freund, damals 18 Jahre alt.

Warum aber mussten die 47-Jährige und der 51-Jährige sterben? Was war vorgefallen? Was war los in der Familie? Zu Details hüllen sich die Ermittler in Schweigen, weil die beiden deutschen Angeklagten so jung sind. Als Motiv nennen sie lediglich: Hass. Die spannende Frage bei dem Prozess dürfte deshalb sein: Woher rührte dieser Hass, der in einem Blutbad gipfelte?

Wie Staatsanwaltschaft und Polizei Ende Februar mitgeteilt hatten, soll es der Jugendliche gewesen sein, der zugestochen hat. Seine Freundin aber soll ihm „die ungehinderte Tatausführung ermöglicht und dadurch einen aktiven Beitrag zum Tötungsdelikt geleistet“ haben. Gemeinsam sollen sie den Tatplan gefasst haben. Nach der Tat flüchteten sie demnach in das nahe Bayreuth und stellten sich der Polizei. Der Jugendliche kam gleich in Untersuchungshaft. Die Rolle der Tochter blieb zunächst unklar, erst einige Wochen später wurde auch gegen sie Haftbefehl erlassen.

Das Interesse an dem Prozess dürfte enorm sein. Mistelbach ist ein kleiner Ort mit nicht einmal 2000 Einwohnern, man war erschüttert von der Tat und von den Folgen: Vier Kinder wurden zu Waisen, davon ist nun die älteste Tochter des Mordes mitangeklagt.

Und als Kinderarzt, der mit seinem Praxis-Partner einen eigenen Blog betrieb, war das Mordopfer in der Region bekannt und geschätzt. Das Landgericht plant zunächst eine öffentliche Verhandlung. Doch bei entsprechenden Anträgen könnte die Jugendkammer auch anders entscheiden und die Öffentlichkeit ausschließen. 16 Prozesstage sind angesetzt, ein Urteil könnte am 16. Dezember verkündet werden.

Die Praxis in Bayreuth läuft inzwischen, zahlreiche kleine Patientinnen und Patienten werden dort behandelt. Ein Foto erinnert an den Arzt, der das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin mit geplant hat - und kurz vor der Eröffnung sterben musste.

(boot/dpa)
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