Gewählt "Döner-Morde" ist Unwort des Jahres

Darmstadt · Der Ausdruck "Döner-Morde" ist das Unwort des Jahres 2011. Das gab die Jury aus sechs Sprachexperten am Dienstag in Darmstadt bekannt. Auf dem zweiten und dritten Platz folgten die Begriffe "Gutmensch" und "Marktkonforme Demokratie". Zum "Börsen-Unwort des Jahres" wurde der Begriff "Euro-Gipfel" gekürt.

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Foto: AP

Mit "Döner-Morde" wurden von Polizei und Medien die von einer neonazistischen Terrorgruppe verübten Morde an zehn Menschen bezeichnet. Der Ausdruck stehe dafür, dass die politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt oder willentlich ignoriert wurde, so die Jury. Die Unterstellung, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und Drogengeschäften zu suchen, sei mit dieser Bezeichnung gestützt worden. Damit habe "Döner-Mord über Jahre hinweg die Wahrnehmung vieler Menschen und gesellschaftlicher Institutionen in verhängnisvoller Weise beeinflusst."

Zum Begriff "Gutmensch" erklärte die Jury, mit diesem Ausdruck werde insbesondere in Internet-Foren das ethische Ideal des "guten Menschen" in hämischer Weise aufgegriffen, um Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu diffamieren und als naiv abzuqualifizieren. "Ähnlich wie der meist ebenfalls in diffamierender Absicht gebrauchte Ausdruck Wutbürger widerspricht der abwertend verwendete Ausdruck Gutmensch Grundprinzipien der Demokratie", heißt es.

Der Begriff "Marktkonforme Demokratie" steht nach Auffassung der Jury "für eine höchst unzulässige Relativierung des Prinzips, demzufolge Demokratie eine absolute Norm ist, die mit dem Anspruch von Konformität mit welcher Instanz auch immer unvereinbar ist". Der Ausdruck geht den Angaben zufolge zurück auf ein Statement von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wonach Wege zu finden seien, "wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist".

Wie das Institut für Sprachwissenschaften an der TU Darmstadt weiter mitteilte, waren diesmal 923 verschiedene Wörter von mehr als 2.400 Personen vorgeschlagen worden. Am häufigsten waren dabei die Wörter "Dönermord", "Stresstest" und "Rettungsschirm" genannt worden. "Stresstest" war im Dezember bereits von der Gesellschaft der Deutschen Sprache zum Wort des Jahres gewählt worden. Im vergangenen Jahr hatte sich die Jury für "alternativlos" als Unwort des Jahres entscheiden. Mit diesem Begriff hatten deutsche Politiker die von ihnen bevorzugten Lösungsansätze für die Finanz- und Schuldenkrise bezeichnet.

Das Unwort des Jahres wird seit 1991 gekürt. Mit ihrer Aktion will das Darmstädter Institut nach eigenen Angaben "auf öffentliche Sprachgebrauchsweisen aufmerksam machen und dadurch das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität fördern".

(KNA)
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