Verseuchtes Futtermittel Dioxin-Schweinefleisch doch im Handel

Bielefeld (RPO). Mit Dioxin belastetes Schweinefleisch ist möglicherweise doch bereits an Verbraucher verkauft worden. "Leider ist nicht auszuschließen, dass mit Dioxin belastetes Fleisch in den Handel gelangt ist."

Dioxine - giftig, gefährlich und allgegenwärtig
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Foto: dapd

Das sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums am Mittwoch in Hannover mit Blick auf einen Betrieb im Landkreis Verden. Bei einer Probeschlachtung eines Schweins aus dem Betrieb war eine um 50 Prozent über dem Grenzwert liegende Dioxinbelastung festgestellt worden.

Noch kurz vor der Sperrung habe der Betrieb Schweine, die dioxinhaltiges Futter bekommen hätten, schlachten lassen, sagte die Sprecherin.

Bis Ende Dezember seien nach und nach etwa 150 mit dem dioxinhaltigen Futter ernährte Schweine geschlachtet und als Fleisch verkauft worden, sagte der Veterinär des Landkreises Vechta, Peter Rojem. Zuletzt habe der Betrieb am 30. Dezember 35 Schweine schlachten lassen. Bereits zwei Tage zuvor habe er wegen der Berichte über den Dioxin-Skandal kein belastetes Futter mehr eingesetzt.

Futterfett über längeren Zeitraum produziert

Der Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch hat nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Kiel über längere Zeit systematisch mit Dioxin belastetes Futterfett hergestellt und ausgeliefert.

Das Giftfutter wurde zudem nicht nur im illegalen Mischwerk in Bösel (Niedersachsen) sondern auch am Firmensitz in Uetersen (Schleswig-Holstein) produziert, berichtet das Bielefelder "Westfalen-Blatt". Die genauen Mengen würden noch ermittelt.

Nach jüngsten Erkenntnissen hat Harles und Jentzsch aus Uetersen nicht nur in seinem illegalen Mischwerk im niedersächsischen Bösel mit Dioxin belastetes Futterfett hergestellt und ausliefert. Zusätzlich sei die verunreinigte Ware auch am Firmensitz in Uetersen produziert worden, schreibt die Zeitung.

Diese Fette seien aber wesentlich weniger belastet gewesen, als die Ware aus Bösel, sagte der Ministeriumssprecher Christian Seyfert dem Blatt. Außerdem stehe fest, dass das Unternehmen bereits seit März 2010 giftiges Futterfett an Mischfutterhändler verkauft hat. Es gebe belastete Proben aus den Monaten März, Mai und September.

Diese Rechtsverstöße seien mit Wissen der Geschäftsleitung und nicht zufällig erfolgt, sagte Seyfert. Das Unternehmen werde deshalb für die nächsten Jahre keine neue Zulassung als Futtermittelhersteller mehr bekommen.

China verhängt Importverbot

Wegen des Skandals um dioxinverseuchte Lebensmittel hat China die Einfuhr von Schweinefleisch und Eiprodukten aus Deutschland ausgesetzt. Das Verbot sei am 11. Januar in Kraft getreten, hieß es am Mittwoch auf der Internetseite der Behörde für Lebensmittelsicherheit.

Ladungen, die sich bereits im Land befänden, würden auf Dioxin untersucht. Auch Südkorea hat Einfuhrbeschränkungen verhängt.

Aigner weist Vorwürfe zurück

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) weist Kritik an ihrem Vorgehen im aktuellen Dioxin-Skandal zurück. Der Vorwurf mangelnder Entschlossenheit sei abwegig, sagte Aigner der "Berliner Zeitung". "Ich habe erste Initiativen vorgestellt, mich eng mit EU-Kommissar Dalli abgestimmt, am Montag die Spitzen der Verbände nach Berlin geladen, gestern meine Pläne mit dem Bundestagsausschuss erörtert", verteidigte sich die Ministerin. "Kommende Woche treffen sich auf meine Veranlassung die Verbraucherschutz- und Agrarminister in Berlin."

Die Ministerin versicherte, der Dioxin-Fall werde nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die gesamte Futtermittelkette müsse den Prüfstand gestellt und die Kontrollmechanismen müssten verbessert werden. "Wir müssen die Systematik der Kontrollen prüfen und uns fragen, wie wir die Kontrollen, auch die staatlichen Kontrollen, weiter verbessern können", sagte Aigner.

Bauernpräsident gibt Entwarnung

Nach dem Nachweis von Dioxin in Schweinefleisch gibt der Deutsche Bauernverband Entwarnung für die Verbraucher. "Das Dioxin im Schweinefleisch wurde verursacht durch eine mangelhafte Fütterung und ist durch die Sperrung der Betriebe festgestellt worden", sagte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner der "Passauer Neuen Presse" laut Vorabbericht. Durch diese Kontrollen und Sperrungen seien die Produkte im Handel aber sicher.

Sonnleitner sagte, der festgestellte Fall von Dioxin in Schweinefleisch sei äußerst ärgerlich und mache die Bauern wütend. "Er zeigt die erhebliche Dimension dieses Skandals, in dem die Landwirtschaft eindeutig Opfer ist", sagte er. "Für die Verbraucher ist es aber wichtig zu wissen, dass es kein neuer Fall ist, denn er ist auf die gleiche Quelle zurückzuführen." Die Quelle sei mittlerweile verschlossen, die Folgen wirkten aber noch in die Landwirtschaft hinein.

(DDP/csr)
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